

Am Rande einer Kundgebung gegen die Zustände im berüchtigten "Dschungel"-Lager im nordfranzösischen Calais ist es rund 50 Flüchtlingen gelungen, auf eine Fähre vorzudringen. Der Hafenbetrieb sei daraufhin eingestellt worden, teilten die Behörden am Abend mit.
Die Flüchtlinge hofften offensichtlich, mit der Fähre nach Großbritannien zu gelangen. Sie wurden in einem mehrstündigen Polizeieinsatz alle von Bord geholt.
Rund 2000 Menschen hatten am Nachmittag friedlich gegen die Zustände in dem Flüchtlingslager protestiert. Sie forderten "einen würdigen Aufenthalt" für die Flüchtlinge.
In dem Lager sitzen unter erbärmlichsten Bedingungen Tausende Flüchtlinge fest, die nach Großbritannien wollen. Sie versuchen immer wieder, auf Fähren oder in Züge zu gelangen, was aber nur äußerst selten gelingt.
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Im Flüchtlingslager von Calais sind einige Tausend Flüchtlinge gestrandet.
Sie leben in Zelten, selbst gebauten Hütten und Wohnwagen. Wenn es länger regnet, stehen die provisorischen Unterkünfte im Schlamm. Das Camp trägt den Spitznamen "der Dschungel", weil die Flüchtlinge in Calais früher auf sich allein gestellt waren.
Seit den Neunzigerjahren gibt es Flüchtlingslager in der nordfranzösischen Hafenstadt. Behörden haben sie wiederholt mit Bulldozern plattgemacht - und sie entstanden an anderer Stelle neu.
Inzwischen haben Flüchtlinge, Hilfsorganisationen und Freiwillige das Lagerleben recht gut organisiert. In dieser "Straße" gibt es Läden und Restaurants.
Doch all das ist ziemlich provisorisch - und soll es nach dem Willen der Behörden auch bleiben. Die französische Regierung fürchtet, dass jedes bisschen mehr Komfort auch mehr Flüchtlinge anzieht.
Ein Gericht zwang die Behörden unlängst dazu, wenigstens das Müllproblem anzugehen, die Wasserversorgung zu verbessern und die Latrinen regelmäßig zu reinigen. Trotzdem stinken diese Dixi-Klos meterweit.
Riad Al-Malih (Namen geändert) wohnt seit fünf Monaten im Camp. "Das ist kein Leben hier", sagt der 32-Jährige aus dem syrischen Daraa.
Er schläft mit anderen Syrern in einer Hütte, die aus Spanholz und Plastikplanen zusammengezimmert sind.
Vor der Tür häuft sich der Müll.
Drinnen schlafen sie zu sechst dicht nebeneinander.
Riad al-Malih (rechts) war in seiner Heimat Englischlehrer. Doch er hat keine Arbeit mehr und kein Zuhause und will vor allem eins: irgendwie nach England kommen.
Den Traum teilt auch Wasim Aloush, 42. Seine Frau und seine fünf Kinder leben in einem riesigen Flüchtlingslager in Jordanien. Seine 13-jährige Tochter ist behindert, sie braucht jeden Tag Medikamente. Aloush hofft, dass er sie bald nach England nachholen kann.
Doch es sieht nicht aus, als würde ihnen das bald gelingen. Großbritannien hat gerade mehrere Millionen Euro in noch bessere Sicherheitsanlagen investiert und bekundet keinerlei Interesse, Flüchtlinge aus Calais ins Land zu lassen.
Doch die Flüchtlinge lassen sich nicht abschrecken. Diese Syrer warten auf die Nacht - und machen sich dann wieder auf zur Autobahn, auf der Lastwagen in Richtung England fahren.
Sie versuchen, sich auf die LKW zu schmuggeln. Meistens klappt es nicht, oder sie werden vor der Grenze entdeckt - und kehren im Morgengrauen zu Fuß zurück ins Camp.
Manche leben jahrelang in dem Lager. Auch wenn Großbritannien sich abschottet: Sie geben ihre Hoffnung nicht auf.