

Rukayya hält einen Stoffbären in den Händen. Doch für die 14-Jährige ist der Teddy kein Spielzeug mehr. Es ist ihr Verlobungsgeschenk - in einem Monat soll sie einen Mann heiraten, den sie weder kennt noch liebt.
Ihr Vater sitze in einem Gefängnis in Syrien, sagt Rukayya. Sie selbst ist mit ihrer Mutter in den Libanon geflohen, nun teilen sich die beiden einen kargen Raum in einem Flüchtlingslager im Bekaa-Tal. Die Mutter des Mädchens sagt, sie habe niemals gewollt, dass ihre Tochter so früh heiratet. Doch die verheerende wirtschaftliche Lage lasse ihr keine andere Wahl.
Rukayyas Schicksal ist kein Einzelfall. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen werden Tausende syrische Flüchtlingsmädchen im Libanon verheiratet. Den Eltern fehlt schlicht das Geld, für Nahrung, Kleidung und Unterhalt ihrer Töchter aufzukommen. Also werden die Kinder verheiratet, damit sie den Haushalt verlassen.
Im Libanon genügt die Zustimmung eines islamischen Geistlichen für die Eheschließung. Nach Angaben des Uno-Kinderhilfswerks Unicef gab es Fälle, in denen bereits neunjährige Mädchen verheiratet wurden, die meisten Kinderbräute sind zwischen 13 und 17.
Hilfsorganisationen warnen vor den Folgen: Sie registrieren Fälle von Vergewaltigung in der Ehe. Zudem werden viele der verheirateten Mädchen schon mit 13 oder 14 schwanger - unter den widrigen Lebensbedingungen in den Flüchtlingscamps ist das mit erheblichen Gefahren für die Gesundheit der werdenden Mütter verbunden.
Die meisten Ehemänner verbieten ihren Kinderbräuten zudem den Schulbesuch. Unicef warnt, dass dadurch eine "verlorene Generation" heranwachse. Laut Schätzungen gehen nur etwa 20 Prozent der rund 500.000 syrischen Flüchtlingskinder im Libanon regelmäßig zur Schule.
Nur wenige Mädchen sind so durchsetzungsstark wie Waad. Die 13-Jährige wurde vor acht Monaten zwangsverheiratet, nun will sie sich unbedingt scheiden lassen. Das Mädchen möchte zu seiner Familie zurückkehren und selbst für ihren Unterhalt sorgen. Dafür arbeitet sie nun auf den Feldern des Bekaa-Tals. Für umgerechnet knapp vier Euro pro Tag.
Die Fotografin Laura Aggio Caldon hat syrische Kinderbräute im Libanon porträtiert. Ihre Bilder sehen Sie hier in der Fotostrecke.
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Amina ist 14 Jahre alt. Vor zwei Jahren wurde sie verheiratet, inzwischen hat sie zwei Söhne. Ihre Familie zwang Amina wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage zur Hochzeit.
Die 15-jährige Marwa mit ihrem 23 Jahre alten Ehemann und Sohn Malek. Marwa wurde schon als 12-Jährige verheiratet, weil ihr Vater nicht mehr für seine Großfamilie sorgen konnte. Nun ist Marwa wieder schwanger.
Die Freundinnen Waad (13), Ayat (16) und Khalidiya (15): Waad wurde vor einem Jahr von ihrem Vater zur Heirat gezwungen. Ihren Ehemann sah sie am Tag der Hochzeit zum ersten Mal. Nun will sie sich scheiden lassen. Ayat heiratete vor zwei Monaten und ist inzwischen schwanger. Khalidiya wurde vor ungefähr einem Jahr verheiratet.
Rund 1,3 Millionen syrische Flüchtlinge leben im Libanon - viele von ihnen im Bekaa-Tal. Viele wohnen in Bauruinen oder selbst gebauten Hütten.
Rukayya, 14, hält einen Teddy im Arm. Der Stoffbär ist ihr Verlobungsgeschenk, in einem Monat soll sie heiraten. Noch teilt sie sich ein kleines Zimmer mit ihrer Mutter. Ihr Vater sitze in Syrien im Gefängnis, sagt Rukayya. Ihre Mutter erzählt, sie habe nie gewollt, dass ihre Tochter so früh heiraten muss. Aber der Krieg und die Flucht haben alles verändert.
Die 15-jährige Mariam mit ihrem Ehemann Sabri, 17. Die Teenager haben vor zwei Monaten geheiratet, sie sind Cousin und Cousine. Ihre Familie hatte beschlossen, dass Mariam heiraten sollte. Sie habe einfach zu viele Schwestern, und die Familie konnte nicht mehr für ihren Unterhalt aufkommen.
Amal, 14 Jahre alt, mit ihrem Vater. Er hat den Ehemann für seine Tochter ausgesucht. Ahmed ist 28.
Die Zelte und Hütten im Bekaa-Tal stehen dicht an dicht. Es gibt praktisch keine Privatsphäre und fast keinen Schutz vor Übergriffen für alleinstehende Frauen.
Nour ist 14 Jahre alt. Vor vier Jahren floh sie mit ihrer Familie aus Syrien. Seit neun Monaten ist sie verheiratet. Ihren 27-jährigen Ehemann hatte sie vor der Hochzeit noch nie gesehen. Ihre Eltern sagen, sie hätten ihre Tochter niemals so jung verheiraten wollen. Wegen der wirtschaftlichen Notlage hätten sie aber keine andere Wahl gehabt.
Die 14-jährige Samira war in Syrien von der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) verschleppt worden. Mit Hilfe ihrer Eltern wurde sie befreit und konnte in den Libanon fliehen. Vor einem Jahr heiratete Samira, mittlerweile hat sie einen Sohn.
Houda,14, floh vor vier Jahren aus Syrien, 2014 wurde sie verheiratet. Sie lebt mit ihrer Familie im Bekaa-Tal, ihr Mann lebt und arbeitet in Beirut. Die beiden sehen sich nur am Wochenende.
Erinnerungen an eine sorgenfreie Kindheit. Ein alter Spielplatz neben dem Flüchtlingscamp im libanesischen Bekaa-Tal.