Flüchtlingskrise Kroatische Präsidentin wirft Merkel Chaospolitik vor

Wird sich die EU in der Flüchtlingskrise zusammenraufen? Ab heute folgt in Brüssel Gipfel auf Gipfel - vor dem Auftakt hagelt es für Kanzlerin Merkel Kritik.
Flüchtlinge in Serbien: "Das muss jetzt gelöst werden"

Flüchtlinge in Serbien: "Das muss jetzt gelöst werden"

Foto: David Ramos/ Getty Images

Die kroatische Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic hat heftige Kritik an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel geübt. Sie habe die Flüchtlinge gerufen und "jetzt die Handbremse gezogen, indem sie sagt, Deutschland kann nicht all diese Wirtschaftsmigranten aufnehmen", sagte das Staatsoberhaupt dem Fernsehsender TV Nova am Montagabend in Zagreb. "Frau Merkel hat gehandelt, als ob ihr nicht bewusst gewesen wäre, dass das Ziehen der Handbremse bei so vielen Autos auf der Straße ein Chaos anrichten wird. Das muss jetzt gelöst werden."

Die Kritik aus Kroatien erfolgte nur wenige Stunden vor dem nächsten Krisentreffen der EU in Brüssel. Dabei wollen die Innenminister der Union erneut nach einem Kompromiss suchen, wie weitere 120.000 Flüchtlinge verteilt werden können. Das Thema bleibt umstritten. Ungarn und andere mittel- und osteuropäische Staaten lehnen feste Verteilschlüssel ab; eine solche Quote gilt daher als nicht durchsetzbar. Das Ziel lautet, dass sich möglichst viele Länder an der Aktion beteiligen sollen.

Die Umsiedlung soll Italien und Griechenland entlasten, wo besonders viele Flüchtlinge ankommen. Aber auch andere Staaten könnten um Hilfe bitten. Auf Deutschland würden etwa 31.000 Menschen entfallen.

In einem Beschlusspapier für das Treffen ist vorgesehen, dass Staaten, die keine Flüchtlinge per Quote aufnehmen wollen, zumindest einen finanziellen Beitrag leisten. In dem Entwurf heißt es, dass die Länder für jeden Flüchtling, dessen Aufnahme sie verweigerten, einmalig 6500 Euro zahlen sollten. Diese Ausnahmeregelung soll möglicherweise zeitlich begrenzt werden, etwa auf sechs Monate.

Wer nimmt wie viele?

Die EU-Botschafter wollten sich am Dienstagmorgen vor dem Treffen der EU-Innenminister noch einmal zusammensetzen, um vorab die noch strittigen Fragen zu beraten. Laut "Welt" konnten sich die Botschafter am Montagabend nach fast zehnstündigen Verhandlungen noch nicht auf eine gemeinsame Linie einigen.

Die EU-Innenminister hatten sich bereits vergangene Woche auf die Verteilung von 120.000 Flüchtlingen mit guten Chancen auf Asyl (also vor allem Syrer) innerhalb von zwei Jahren geeinigt. Offen ist aber noch, wer wie viele aufnimmt. Jeder Staat soll pro Flüchtling von der EU einmalig 6000 Euro erhalten.

Eine verpflichtende Quote für jedes Land ist nach Angaben von EU-Diplomaten nicht durchsetzbar. Nach wie vor lehnen vor allem die mittel- und osteuropäischen Länder wie Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen einen festen Schlüssel zur Verteilung ab. Bedenken haben auch die baltischen Länder. In dem Beschlusspapier fehlt das Wort "verpflichtend" in Bezug auf die Verteilung.

Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten wollen am Mittwoch auf höchster Ebene über die Flüchtlingskrise beraten. Dabei soll es um den besseren Schutz der EU-Außengrenzen gehen sowie um Finanzhilfen für Länder mit Flüchtlingslagern wie Jordanien, Libanon und die Türkei.

ler/dpa
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