Frankreichs Präsident im Umfragetief Macron, der Pool und das Foto mit dem DJ

Emmanuel Macron
Foto: POOL/ REUTERS"Ist Emmanuel Macron Europas neue Angela Merkel?" fragte wie selbstverständlich die Deutsche Welle beim jüngsten deutsch-französischen Gipfeltreffen Mitte Juni. Längst gilt es nicht nur für deutsche, sondern die meisten internationalen Kommentatoren als Tatsache, dass Frankreichs Präsident Macron die deutsche Kanzlerin als wichtigste Führungskraft der Europäischen Union abgelöst hat.
Doch nun das: Ausgerechnet in diesem Juni, wo Macron viele große Auftritte auf der internationalen Bühne neben Merkel, Trump & Co. hatte, sackte er daheim in den Umfragen ab. Und zwar erheblich.
Bisher waren seine Beliebtheitswerte in den repräsentativen französischen Polls seit der Präsidentschaftswahl im Mai 2017 zwar nicht herausragend, aber doch immer zufriedenstellend gewesen. Sie lagen meist über, nur selten unter 40 Prozent Zustimmung. Mehr konnte in den vergangenen Jahrzehnten kein französischer Präsident erwarten, abgesehen von politischen Ausnahmesituationen wie direkt nach einer Wahl oder in Krisenfällen.
Im Juni brachen nun Macrons Werte erstmals unter die kritische Schwelle von einem Drittel an Zustimmung in der Bevölkerung. In der am Donnerstag in Paris veröffentlichen, repräsentativen Umfrage der Meinungsforscher von Kantar Sofres-One Point sprachen nur noch 32 Prozent der befragten Franzosen ihr Vertrauen in die Amtsführung von Macron aus. Einen Monat zuvor waren es immerhin noch 38 Prozent gewesen.
Dabei verlor Macron besonders viel Unterstützung in Gesellschaftskreisen, die ihm bisher eher gewogen waren. Unter Ruheständlern fiel der Zuspruch gleich um zwölf Prozentpunkte auf nur noch 34 Prozent. In der Kategorie der Wohlhabenden, in der vor einem Monat noch 61 Prozent mit Macron zufrieden waren, waren es jetzt nur noch 49 Prozent. Damit lag er nach 14 Monaten Amtszeit nur noch fünf Prozentpunkte vor seinem vielkritisierten Vorgänger François Hollande, der zum gleichen Zeitpunkt seiner Präsidentschaft vor fünf Jahren auf 27 Prozent Zustimmung kam.

Ex-Präsident François Hollande (M.) mit seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy
Foto: POOL/ REUTERSUnd siehe da: Der von Macron totgesagte Hollande (plus 2 auf 16 Prozent) war neben seiner ehemaligen Lebenspartnerin und Umweltministerin Ségolène Royal (plus 1 auf 24 Prozent) der einzige Prominente, der bei der gleichen Umfrage zulegen konnte. Braut sich da die erste, große Trendwende gegen den jungen, forschen Präsidenten zusammen? Gefährdet dies auch Macrons neue Rolle in Europa und der Welt?
Zu selbstsicherer Auftritt
Diesen Fragen wird sich der Präsident jetzt stellen müssen. Vertiefende Gespräche der Meinungsforscher zeigten auf, womit er viele Franzosen in letzter Zeit besonders ärgerte. Schon vorab: Die großen Projekte im In- und Ausland sind es nicht allein. Stattdessen etwa sein Wunsch, am traditionellen Urlaubsplatz französischer Präsidenten, der Burg Brégancon am Mittelmeer, ein Schwimmbad einbauen zu lassen. Macron will damit sich und seine Frau Brigitte vor den Paparazzi schützen, weil man bei Brégancon sonst nur an einem öffentlich zugänglichen Strand baden kann. Doch bei vielen Franzosen kommt das als Selbstbedienung aus der Staatskasse an.
Zumal von einem, der in einem offiziell veröffentlichten Video im Juni davon sprach, dass die französische Sozialhilfe "einen verrückten Haufen Kohle koste". Auch dieser Ausspruch kam laut den Meinungsforschern überhaupt nicht gut an. Ebenso wie ein auf Instagram von Ehefrau Brigitte Macron veröffentlichtes Foto des Präsidentenpaares mit dem französischen Künstler und DJ Kiddy Smile.
Alles Kleinigkeiten, die dem aufstrebenden Weltpolitiker Macron nichts anhaben können? Weit gefehlt. "Macron stellt die technokratische Arroganz von jemandem zur Schau, der bei jedem Thema weiß, was zu tun ist", urteilt der Meinungsforscher Roland Cayrol vom Politik-Institut CEVIPOF in Paris. Cayrol gesteht Macron zwar zu, dass "es nicht selbstverständlich war, als 39-Jähriger mit (dem legendären Staatspräsidenten, d. Red.) Charles de Gaulle verglichen zu werden". Aber heute verkörpere er eine "zu offensichtliche Selbstzufriedenheit in seiner Rolle".
Partnerin Merkel schwächelt
Das aber fällt vor allem deshalb negativ auf, weil Macron die ganz großen Erfolge verwehrt bleiben. Sicher, er hat in Frankreich wichtige Reformen durchgesetzt und andere angestoßen, was ihm bisher seine Popularität sicherte. 70 Prozent der Franzosen billigten ihm in einer CEVIPOF-Studie in diesem Frühjahr zu, "Überzeugungen zu haben und sie durchzusetzen".
Doch allmählich wollen viele Franzosen auch Ergebnisse sehen. Gerade bei Macrons vielgelobten Reformen von Arbeitsmarkt und Berufsausbildung aber kann das noch Jahre dauern. Und dort, wo er am Offensivsten und Wortmächtigsten auftrat, nämlich in Europa, stellt sich der Erfolg überhaupt nicht ein.
Im Gegenteil: Seine Partnerin Merkel rutscht ab und die politischen Gegner in Rom und Wien gewinnen an Gewicht. Schon heute ist die Sorge im Macron-Lager groß, dass die kommenden Europawahlen im Frühjahr 2019 an die Europa-Kritiker in Frankreich gehen könnte. Macrons klares Wählermandat für ein stärkeres Europa, das er sich bei den letzten Präsidentschaftswahlen durchaus überzeugend erkämpfte, wäre dann wieder futsch.