Grüner François de Rugy Hummer für Macrons Umweltminister

Der französische Umweltminister François de Rugy hat es sich jahrelang auf Staatskosten gut gehen lassen. Das wird nicht nur für ihn zum Problem, sondern auch für Emmanuel Macron. Er steht wegen seiner Personalpolitik in der Kritik.
François de Rugy: "Ich werde es nicht tun"

François de Rugy: "Ich werde es nicht tun"

Foto: Ludovic Marin/ AFP

Frankreichs Umweltminister François de Rugy konnte seine Tränen am Mikrofon von Radio Monte Carlo am Freitagmorgen kaum unterdrücken. Schluchzend stotterte er: "Ich werde es nicht tun." Und schloss damit seinen Rücktritt aus.

Spätestens jetzt dürfte Präsident Emmanuel Macron ein echtes Problem haben.

Ausgerechnet der Umweltminister, der den Franzosen den Klimaschutz beibringen soll, ausgerechnet die protokollarische Nummer zwei der Pariser Regierung, die neben Präsident und Premierminister Vorbild sein soll, ausgerechnet der einzige echte Grüne in der Regierung ist dem Luxus auf Steuerkosten verfallen. Und will trotzdem im Amt bleiben. Für den Präsidenten ist de Rugy damit der nächste Ausfall in einer Kette von Personalentscheidungen, die ein schlechtes Licht auf Macrons Menschenkenntnis und sein Moralempfinden werfen.

17.000 Euro für einen begehbaren Kleiderschrank

De Rugy kamen die Tränen reichlich spät. Seit Mittwoch brachte das für seinen Investigativ-Journalismus bekannte Pariser Informationsportal "Médiapart" gleich vier Enthüllungsstorys über ihn. Die erste war die beste: de Rugy als Parlamentspräsident 2018 bei Hummer und 500 Euro teurem Grand-Cru-Flaschenwein im Hôtel de Lassay, einem Prunkbau des 18. Jahrhunderts, dem heutigen Sitz des Parlamentspräsidenten. Er und seine Frau hatten gleich zehn Mal im informellen Rahmen Bekannte und Freunde zu solchen Luxusmenüs geladen. Nun fanden sich Bilder von den Gelagen plötzlich in allen sozialen Medien.

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"Die Bilder sind grotesk, de Rugy freut sich darauf wie ein Kindergartenkind, damit ist er nun der ideale Schuldige", sagte der Kommentator Xavier Couture im Figaro-Fernsehen. Dabei können die Enthüllungen noch ganz andere treffen. Der vielfach preisgekrönte Radiojournalist Jean-Michel Apathie war auch dabei und lieferte am Donnerstag vorbeugend ein Mea Culpa.

De Rugy, der im vergangenen Sommer vom Parlamentsvorsitz ins Amt des Umweltministers wechselte, holten noch weitere Anschuldigungen ein: Seine langjährige Büroleiterin soll viele Jahre lang über eine unbewohnte Pariser Sozialwohnung verfügt haben. Prompt entließ der Minister seine Mitarbeiterin. Als aber Médiapart zwei Tage später schrieb, dass auch er selbst über eine Sozialwohnung in seiner Heimatstadt Nantes verfügt, auf die er gar kein Anspruch hat, wusste sich de Rugy herauszureden: Er selbst hätte nicht gewusst, dass es sich um eine Sozialwohnung handelt.

Auch verteidigte er, dass der Umbau seiner privaten Gemächer im Umweltministerium 63.000 Euro kostete, wie "Médiapart" berichtete, davon allein 17.000 Euro für die Arbeiten an einem alten begehbaren Kleiderschrank. Die hohen Kosten seien "mit dem sehr speziellen Charakter des Ortes" zu erklären, schrieb de Rugy auf Facebook. Und wollte nichts von einem 500-Euro-teuren Fön mit Goldbelag im Hôtel de Lassey wissen, von dem die Zeitung "Le Parisien" berichte. Auch drei Chauffeure fand er normal.

Trotzdem sahen Präsident Macron und sein Premierminister Édouard Philippe von einem Rücktritt de Rugys ab. Der hat nur diese beiden Vorgesetzten, die ihn in den vergangenen Tagen separat empfingen. In einer offiziellen Stellungnahme von Philippe hieß es anschließend, dass "jeder öffentlich Verantwortliche der doppelten Verpflichtung der Transparenz und der Beispielhaftigkeit nachkommen müsse" und der Minister "alle legitimen Fragen der Franzosen zu beantworten habe".

Macrons desaströse Personalentscheidungen

Damit aber werden die nun überall zu hörenden Rücktrittforderungen an de Rugy kaum abnehmen. Sein Fall reiht sich in eine Kette desaströser Personalentscheidungen Macrons ein: De Rugy sollte im vergangenen Sommer ausgerechnet das populärste Regierungsmitglied ersetzen, den ehemaligen Umweltaktivisten Nicolas Hulot, der das Kabinett im Protest gegen die unentschlossene Umweltpolitik Macrons verlassen hatte. De Rugy bot sich an, weil er zuvor lange Jahre der Grünen-Fraktion im Parlament angehörte. Um andere Qualifikationen scherte sich Macron offenbar nicht.

Ebenso falsch lag der Präsident kürzlich bei seiner Spitzenkandidatin für die Europawahlen, die sich als Frau mit rechtsradikaler Vergangenheit und stümperhaftem diplomatischen Auftreten in Brüssel erwies. Schon im vorigen Sommer hatte Macrons Eintreten für seinen Sicherheitsmann Alexandre Benalla verheerende Folgen. Benalla hatte zuvor Demonstranten verprügelt. Und Berater Macrons wie der Pariser Ökonom Elie Cohen sehen seit Monaten mit großer Besorgnis, wie gute Mitarbeiter den Präsidenten verlassen, ohne dass gleichwertiger Ersatz kommt.

Vielleicht kann de Rugy vorerst auch deshalb bleiben. Seine Beinahtränen vom Freitagmorgen dürften längst heruntergespült sein.

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