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Hubschrauberträger: Gekauft ist gekauft

Foto: JEAN-SEBASTIEN EVRARD/ AFP

Helikopter-Träger für Moskau Hollandes verkorkster Kriegsschiff-Deal

Der Lieferstopp für zwei Kriegsschiffe an Russland könnte teuer werden für Frankreich. Der Kreml droht nach Staatspräsident Hollandes Abfuhr mit Regressforderungen in Milliardenhöhe.

Die Abfuhr umfasste nur ein paar dürre Worte: "Die Voraussetzungen für eine Lieferung sind nicht erfüllt." So übermittelte die Regierung in Paris dem Kreml, dass das fertiggestellte Kriegsschiff der Mistral-Klasse vorläufig nicht an Russland ausgeliefert wird. Schuld daran, so der Elysée, sei die "derzeitige Situation im Osten der Ukraine", erläuterte Präsident François Hollande weiter. Die Aussetzung "gelte bis auf Weiteres", fügte er kühl hinzu.

Seine außenpolitisch korrekte Entscheidung setzt Frankreichs Staatschef innenpolitisch unter Druck. Zwar hatte Hollande bereits unlängst beim G20-Gipfel in Australien angekündigt: "Ich werde meine Entscheidung im Interesse Frankreichs fällen." Doch das Interesse Frankreichs in dieser Sache zu definieren, ist nicht ganz einfach.

Moskau reagierte auf Hollandes Zurückweisung vorerst verhalten: "Wir warten geduldig", so Vize-Verteidigungsminister Juri Borissow, "zum gegenwärtigen Zeitpunkt planen wir keine Aktionen." Noch am Wochenende hatte der Kreml indes darauf bestanden, dass der Vertrag erfüllt wird: Die Auslieferung des ersten von zwei Hubschrauberträgern, der im französischen Saint-Nazaire bereits auf Reede liegt, müsse binnen zwei Wochen erfolgen. Andernfalls drohten "ernsthafte Forderungen".

Hollandes Entscheidung könnte also teuer werden. Denn bei dem Geschäft geht es um mögliche Entschädigungsansprüche in Höhe von mindestens 1,2 Milliarden Euro.

Den Mega-Deal hatte Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy 2012 eingefädelt. Seinerzeit wurde er als "Jahrhundertgeschäft" gepriesen. Für den amtierenden Sozialisten wird er nun zur außen- und innenpolitischen Dauerbredouille. Das Geschäft ist spätestens seit Russlands Aggressionen in der Ukraine in den Untiefen der neuen militärisch-politischen Ost-West-Konfrontation festgefahren.

Frankreich drohen Konventionalstrafen in Milliardenhöhe

Vor allem seit die für Anfang November geplante Überstellung der "Wladiwostok" ausblieb, besteht der Kreml zunehmend deutlich auf der Einhaltung des Vertrags - zumal Moskau nach Medienberichten bereits 800 Millionen Euro der Kaufsumme überwiesen hat. Bleibt Hollande bei seinem Lieferstopp, drohen Frankreich Konventionalstrafen; Schätzungen gehen von Milliardenbeträgen aus.

Natürlich könnte Paris versuchen, die modernen Träger an andere Abnehmer zu verkaufen. Doch die Schiffe sind auf die Bedürfnisse der russischen Flotte zugeschnitten und wären ohne erheblichen Umbau kaum für Staaten wie Indien oder Brasilien brauchbar. Und auch die Nato hat längst signalisiert, dass die Schiffe nicht zum Arsenal des Bündnisses passen würden.

Damit bleibt Frankreich vorerst auf der sperrigen Order sitzen. Für die Werft STX zählt vor allem, dass die Arbeiten am zweiten Hubschrauberträger vorerst weitergehen: Einer Stornierung der Verträge und dem Baustopp an der "Sewastopol", so warnen die Gewerkschaften, würden mindestens 800 Stellen zum Opfer fallen.

Auch Frankreichs Rüstungsbranche hofft, dass der Vertrag eingelöst wird: "Andernfalls wäre das Image Frankreichs als Exportnation für strategische Güter ernsthaft angeschlagen", zitiert das Magazin "L'Express", einen Militärexperten. "Frankreich würde nicht mehr als verlässlicher Partner betrachtet - mit misslichen Folgen für derzeit besprochene oder künftige Verträge."

"Wir machen Frankreich den Prozess"

Die Pariser Opposition pocht indes darauf, Russland die Lieferung der Hubschrauberträger zu verweigern. "Man kann kein Kriegsschiff an diejenigen ausliefern, die dafür verantwortlich sind, was in der Ukraine passiert," sagt Benoît Apparu. "Schließlich kann man keine moralischen Lehren erteilen, wenn man sie selbst nicht befolgt", so der Abgeordnete der konservativen UMP.

Russlands stellvertretender Verteidigungsminister verband inzwischen seine angekündigte "Geduld" mit der Drohung grundsätzlicher Härte: "Wenn Frankreich uns nicht beliefert", so zitierte ihn die Nachrichtenagentur Tass, "dann machen wir Frankreich einen Prozess". Borissow wörtlich: "Wir werden die Geldstrafen einfordern, die vertraglich vereinbart sind."

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