

Paris - Der Fall liegt fast zwei Jahrzehnte zurück - nun hat er Jacques Chirac eingeholt. Der französische Altpräsident ist am Donnerstag im Prozess um Scheinarbeitsverhältnisse im Pariser Rathaus in den neunziger Jahren schuldig gesprochen worden. Der 79-Jährige veruntreute nach Ansicht des Gerichts öffentliche Gelder und beging Vertrauensmissbrauch. Das Strafmaß für den früheren Staatschef beträgt zwei Jahre auf Bewährung.
Chiracs Anwalt Georges Kiejman betonte im Nachrichtensender BFM TV, er wolle mit seinem Mandanten zunächst die Begründung des Urteils studieren. Danach werde über die weiteren Schritte entschieden. "Wir werden heute Abend sehen, ob er das Urteil anerkennen wird." Der Anwalt der Nebenkläger, Jérôme Karsenti, sprach von einer "historischen Entscheidung der Justiz".
Damit ging das erste Strafverfahren gegen ein französisches Staatsoberhaupt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu Ende. Dem inzwischen 79-jährigen Politiker wurde vorgeworfen, in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister von 1977 bis 1995 fiktive Stellen geschaffen zu haben, um damit politische Verbündete zu bezahlen.
Die 28 "Beauftragten in offizieller Mission" wurden als städtische Mitarbeiter geführt, während sie in Wahrheit für Chiracs Partei oder im Stab seiner Präsidentschaftskampagne arbeiteten. Andere virtuelle Angestellte erhielten ihre Gehälter, ohne jemals ein Büro zu betreten. In der Klageschrift geht es um "Hinterziehung öffentlicher Mittel", "Vertrauensbruch" und "illegale Einflussnahme".
Schon länger kursierten Vorwürfe gegen Chirac
Die Schatten der Vergangenheit aus seiner Zeit als Bürgermeister der Hauptstadt hatten Chirac schon lange verfolgt. Doch erst nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt vor vier Jahren konnte er strafrechtlich belangt werden.
Chirac gehört zur Klasse der erfahrensten Politiker des Landes. 43 Jahre lang hatte er öffentliche Ämter inne. Er war nicht nur zweimal hintereinander Präsident, sondern zuvor auch zweimal Regierungschef, mehrfach Minister und 18 Jahre lang Bürgermeister von Paris.
Maximal hätten Chirac bei einer Verurteilung zehn Jahre Gefängnis, eine Strafe von 150.000 Euro und eine automatische Politiksperre von zehn Jahren gedroht. Der Prozess gegen den früheren Präsidenten und neun weitere Angeklagte war in Abwesenheit Chiracs geführt worden, nachdem sein Anwalt erklärt hatte, sein Mandant leide unter "schweren Gedächtnisstörungen".
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Urteil gegen Ex-Präsident Jacques Chirac: "Starke symbolische Geste für die Unabhängigkeit der Justiz"
Zwei Jahre Haft auf Bewährung, so lautet der Richterspruch gegen Chirac: Für den früheren französischen Präsidenten ist der 15. Dezember kein guter Tag.
Im November hatte der 79-Jährige bei der Pariser Landwirtschaftsmesse zwei Stunden lang gute Laune versprüht.
Der Grund für das Gerichtsurteil: Chirac hatte als Pariser Bürgermeister öffentliche Gelder veruntreut und Vertrauensmissbrauch begangen.
Diese Aufnahme vom März 1981 zeigt ihn mit Nicolas Sarkozy (rechts), seinem Nachfolger als Staatschef.
Von 1977 bis 1995 führte Chirac die Geschäfte als Bürgermeister in der französischen Hauptstadt. Dieses Foto vom März 1977 zeigt ihn am Tag der siegreichen Wahl.
Der heutige Außenminister Alain Juppé wurde bereits bestraft: 2004 erhielt er in der Affäre um illegale Parteienfinanzierung 14 Monate Gefängnis auf Bewährung.
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