Frauenrechte in Saudi-Arabien "Nicht alles kann verhüllt werden"

Verschleierte Frauen in Mekka bei einer symbolischen Teufel-Steinigung (2011)
Foto: Hassan Ammar/ APRiad - Es ist ein Plakat, das schwer zu ignorieren ist. Für saudische Verhältnisse ist es provokant. Auf dem Bild ist eine nahezu völlig verschleierte Frau zu sehen. Lediglich ihre Augen sind zu erkennen. Das rechte ist violett unterlaufen - ein Bluterguss. "Die Spitze des Eisberges" steht auf den arabischen Plakaten, "Some Things can't be covered", sinngemäß etwa "nicht alles kann verhüllt werden", auf den englischsprachigen . Es ist Teil einer neuen Kampagne in Saudi Arabien gegen häusliche Gewalt. Organisiert wird sie von einer Stiftung des Königshauses.
"Das Phänomen von Frauenmisshandlung ist in Saudi-Arabien größer, als es auf den ersten Blick scheint", schreibt die Stiftung in einem Begleittext. "Jeder, der bei den Sicherheitskräften arbeitet, kennt dieses Phänomen. Wer in sozialen Organisationen, Krankenhäusern und Schulen arbeitet, kann einen Teil des Problems sehen, aber niemand kennt das genaue Ausmaß." Man wolle nun ein Forschungsprojekt starten, um zu ergründen, wie betroffenen Kindern und Frauen am besten geholfen werden könne.
Von außen betrachtet sieht die Situation der Frauen in Saudi-Arabien katastrophal aus. Saudische Frauen dürfen nicht Auto fahren. Sie können kaum eine Entscheidung treffen ohne das Einverständnis ihres männlichen Vormunds. Wenn sie das Land verlassen, wird dieser per SMS darüber informiert. Doch es tut sich etwas, in kleinen Schritten. Der seit 2005 regierende König Abdallah setzt sich für Frauenrechte ein wie kein saudischer König vor ihm.
- Vergangenes Jahr durften erstmals zwei Frauen Saudi-Arabien bei den Olympischen Spielen vertreten.
- Es wird überlegt, Frauen-Sportvereine zuzulassen.
- Im Januar ernannte der König erstmals 30 Frauen in den beratenden Schura-Rat.
- 2015 werden Frauen zum ersten Mal bei den Bezirkswahlen abstimmen und kandidieren dürfen.
Jedes Mal wetterten die Konservativen dagegen.
Dramatische Misshandlungsfälle
Vieles sind symbolische Gesten - weder der Schura-Rat noch die Bezirksräte haben echte Macht. Doch sie sind wichtig, schließlich haben die saudischen Männer auch nicht mehr Einfluss auf die Politik. Das Land ist eine absolute Monarchie.
Einigen Saudis ist das Reformtempo zu langsam. Die saudische Frauenrechtlerin Manal al-Sharif setzte sich 2011 illegal ans Steuer und forderte über Facebook, YouTube und Twitter andere Frauen auf, es ihr gleichzutun - kein Land ist Twitter-verrückter als Saudi Arabien. Sharif wurde mehrmals verhaftet. Inzwischen lebt sie in Dubai.
Bei der Kampagne gegen häusliche Gewalt dürfte das Königshaus viele Saudis hinter sich wissen. In den vergangenen Jahren hatte es mehrere dramatische Misshandlungsfälle gegeben, die einen öffentlichen Aufschrei auslösten.
Erst im Februar schockierte der Prozess um die fünfjährige Lama al-Ghamdi die Saudis. Das Mädchen war von ihrem eigenen Vater, einem saudischen TV-Prediger, vergewaltigt und verprügelt worden. Er brach ihr mehrere Rippen und zertrümmerte ihre Schädeldecke. Sie starb an den Folgen der Verletzungen.
Das saudische Königshaus ließ daraufhin eine Telefon-Hotline einrichten, wo rund um die Uhr Kindesmisshandlungen gemeldet werden können. Nach Medienberichten soll das Königshaus auch interveniert haben, um eine vorzeitige Freilassung des Täters gegen Zahlung eines "Blutgelds" an die Mutter zu verhindern.