Friedensgespräche in Pakistan Cricket-Held soll für Taliban verhandeln

Ex-Cricket-Star Khan: Spitzname "Taliban Khan"
Foto: A Majeed/ AFPIstanbul/Islamabad - Kaum ein Tag, an dem es in Pakistan keinen Anschlag der Taliban gibt. Irgendwo sprengt sich ein Selbstmordattentäter in die Luft, explodiert eine Autobombe, schießt jemand in eine Menschenmenge. Die Taliban haben ihre Offensive gegen den pakistanischen Staat, den sie an der Seite der USA im Anti-Terror-Krieg als Verräter sehen , verschärft.
Dennoch will die Regierung jetzt mit den Extremisten verhandeln. Das kündigte sie vergangene Woche an. Premierminister Nawaz Sharif ist überzeugt, dass sich die Gewalt im Dialog beenden lässt. Allerdings müsse die Gewalt vorher aufhören, denn "Terror und Gespräche können nicht gleichzeitig stattfinden".
Damit haben die Befürworter von Friedensgesprächen sich in den vergangenen Tagen gegen Hardliner durchgesetzt, die einen Krieg gegen die Militanten fordern und kürzlich sogar erreichten, dass die Streitkräfte Luftschläge gegen die Aufständischen flogen.
Taliban und Regierung befürworten Gespräche
Auch die Taliban betonen, dass sie an Verhandlungen interessiert sind. Die pakistanischen Taliban, die Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP), sind ein Bündnis von 30 extremistischen Gruppen. Bis jetzt fragte man sich, mit wem genau die pakistanische Regierung verhandeln wollte: mit dem neuen Chef der Organisation, dem Hardliner Mullah Fazlullah? Oder mit irgendwelchen Kommandeuren der Taliban?
Jetzt haben die Extremisten fünf Namen von Politikern und Geistlichen genannt, die sie bei einem Dialog mit Regierungsvertretern repräsentieren sollen. Darunter ist ausgerechnet auch der Politiker Imran Khan. Jener Mann, der Pakistan 1992 als Kapitän der Cricket-Nationalmannschaft zum bisher einzigen Weltmeistertitel führte und seither als Nationalheld gefeiert wird.
Nach dem Ende seiner sportlichen Karriere wandelte er sich vom Playboy mit wechselnden westlichen Freundinnen zum konservativen Muslim. Er engagierte sich sozial, baute in Lahore mit eigenem Geld und Spenden das modernste Krebskrankenhaus des Landes und gründete 1996 die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), die "Bewegung für Gerechtigkeit".
Doch erst bei der Wahl im Mai 2013 gelang ihm der politische Durchbruch: Seine Partei erreichte aus dem Nichts 35 Sitze und wurde drittstärkste Kraft. In der am stärksten von Taliban-Terror betroffenen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa übernahm die PTI sogar Regierungsverantwortung. Khan hatte im Wahlkampf ein "neues Pakistan" versprochen, ein Land ohne Terror und Korruption. Damit weckte er große Hoffnungen. Seine aggressive Rhetorik gegen die alteingesessenen Politiker macht ihn bei der Bevölkerung noch beliebter.
Kritiker lästern über "Taliban Khan"
Immer wieder sprach er sich gegen die US-Drohnenangriffe in den pakistanischen Stammesgebieten aus. Damit würde die Bevölkerung erst recht radikalisiert und die Extremisten beliebter. Weil Khan auch Pakistans Partnerschaft mit den USA im Anti-Terror-Krieg kritisierte, handelte er sich von Kritikern den Ruf ein, den Taliban nahezustehen. "Taliban Khan" wurde sein Spitzname. Khan selbst räumt ein, gute Kontakte zu den Extremisten zu pflegen. Man müsse sie einbinden in die Gesellschaft, anstatt sie zu bekämpfen.
Jetzt, da ihn die Taliban auf ihre Wunschliste der Verhandler gesetzt haben, sehen sich Khans Kritiker bestätigt. Er gebe jetzt offen zu, dass er "Taliban Khan" sei, lästern sie in den sozialen Medien.
Khan selbst scheint überrumpelt von dem Vorschlag der Extremisten. Die Taliban sollten eigene Leute als Vertreter bestimmen, teilte er auf der Webseite seiner Partei mit. Noch mehr distanzieren mag er sich aber dann doch nicht. Die PTI unterstütze "den Weg des Dialogs als einzig richtigen Weg zum Frieden", sagt ein Sprecher auf Nachfrage. Man habe "vollstes Vertrauen" in das Vorgehen der Regierung.
Steht Imran Khan nun für die Taliban oder nicht? Der Sprecher druckst herum: "Mit Gottes Hilfe wird er auch künftig die richtigen Entscheidungen treffen."
Am Montag entschied die PTI dann doch: Imran Khan wird sich an den Gesprächen zwischen Taliban und Regierung nicht beteiligen.