Gaza-Blockade Hilfsflotille will Durchbruch wagen

Die "Dignité - Al Karama" vor Korsika ist eines der Schiffe, die nach Gaza fahren sollen
Foto: Murielle Kasprzak/ AFPBerlin - "Wenn die Schiffe losfahren, werden Sie es erfahren": Mehr Details mochten die Veranstalter und Unterstützer der diesjährigen "Gaza-Freiheits-Flotte" auf ihrer Pressekonferenz am Montag nicht preisgeben. Die Nebelkerzen sind als Sicherheitsvorkehrung gedacht: Vor 13 Monaten hatte es einen ersten Versuch gegeben, die israelische Seeblockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen. Er endete mit einem Blutbad, nachdem israelische Kommandosoldaten die Schiffe stürmten und neun Menschen töteten. Je weniger die israelische Armee über die neue Flotte weiß, so das Kalkül jetzt, desto schlechter kann sie sich vorbereiten.
Zu der Pressekonferenz in Athen war unter anderem der schwedische Schriftsteller Henning Mankell erschienen, der im vergangenen Jahr auch mitgefahren war. "Dies ist keine Kriegserklärung", sagte er, "es ist eine Friedenserklärung."
Möglicherweise noch am Montag will der Bootsverband aufbrechen. Doch es gibt bereits erste Probleme: Anscheinend haben die griechischen Behörden einige Schiffe festgesetzt. Sie sollen Medienberichten zufolge auf Sicherheitsmängel untersucht werden. Die Veranstalter - eine bunte internationale Mischung von unterschiedlichen Solidaritätskomitees - halten dies für Schikane auf israelischen Wunsch.
Einige Schiffe sind offenbar festgesetzt worden
Der ursprüngliche Plan, so berichtete es jedenfalls die "Deutsche Initiative zum Bruch der Gaza-Blockade", sah vor, dass die Schiffe am Montag gemeinsam in internationale Gewässer in der Nähe Griechenlands vorstoßen. Insgesamt sind nach Medienberichten zwischen 10 und 13 Schiffe Teil der Flotte, von denen wiederum zwei oder drei von Frankreich aus auslaufen. Es ist allerdings unklar, wie viele Schiffe die griechischen Behörden festgesetzt haben - und ob die übrigen nun wie geplant auslaufen werden oder sich die gesamte Aktion verzögert.
Israel hat derweil eindeutig klargemacht, dass es nicht daran denkt, die Schiffe passieren zu lassen. Die Seeblockade des Gaza-Streifens, von Israel mit Waffenschmuggelaktivitäten der Hamas begründet, soll aufrechterhalten werden. Israelischen Presseberichten zufolge hat Premierminister Benjamin Netanjahu der Armee einen entsprechenden Auftrag erteilt. Die Aktivisten wollen dennoch versuchen, in die 20-Meilen-Zone vorzustoßen. Sie halten die Blockade für völkerrechtswidrig. Zugleich betonen die Unterstützerinitiativen, dass sie Gewalt ablehnen.
Keine deutschen Abgeordneten an Bord
Im vergangenen Jahr hatten die Israelis Spezialkräfte eingesetzt, um die Flotte zu stoppen. Auf dem größten Schiff, der "Mavi Marmara", kam es erst zum Handgemenge, dann schossen die Soldaten - neun Tote waren die Folge. Anschließend erklärten israelische Behörden, die türkische Hilfsorganisationen IHH, die das Schiff beigesteuert hatte, und einige individuelle Aktivisten, seien Hamas-Unterstützer oder Terroristen. Zudem seien waffenfähige Gegenstände an Bord mitgeführt und die israelischen Soldaten angegriffen worden. Ein israelische Kommission hatte den Armeeeinsatz im Nachhinein für angemessen erklärt.
Die IHH ist dieses Mal nicht dabei - wohl um den Israelis keinen Vorwand zu bieten. Ebenfalls nicht dabei sind deutsche Bundestagsabgeordnete der Linken, was mit der parteiinternen Antisemitismus-Debatte zusammenhängen dürfte.
Aus Israel ist zu vernehmen, dass in diesem Jahr andere - wohl sanftere - Methoden zum Einsatz kommen sollen. Die Schiffe sollen entweder in den israelischen Hafen Aschdod oder in den ägyptischen Hafen al-Arisch gebracht werden. Israel hat versprochen, alle mitgeführten Hilfsgüter in den Gaza-Streifen zu bringen. Doch die Aktivisten lehnen das ab.
Teilnehmer trainieren den Ernstfall
Insgesamt, so wird vermutet, wollen mehrere hundert Personen nach Gaza fahren. Darunter werden laut den Veranstaltern 30 bis 40 Journalisten sein. Die israelische Journalistin Amira Hass beschrieb in der Tageszeitung "Haaretz", wie die Teilnehmer der Reise sich in Übungen auf eine mögliche Konfrontation mit der israelischen Armee vorbereiteten.
Auf Kritik stieß unterdessen ein Rundschreiben der israelischen Pressebehörde. Das Amt hatte ausländische Korrespondenten gewarnt, dass ein Mitfahren mit der Flotte ein bis zu zehnjähriges Einreiseverbot nach sich ziehen könnte. Journalistenverbände kritisierten dies als Einschüchterungsmaßnahme.
Die meisten Reisenden werden europäische Friedensaktivisten sein. Laut "Haaretz" stelle dies eine besondere Herausforderung für Israel dar - wegen der Gefahr eines PR-Debakels, wenn Soldaten auf friedliche Aktivisten treffen.
Wenn die Schiffe tatsächlich am Montag auslaufen, könnten sie am Donnerstag die 20-Meilen-Zone erreichen.