Gaza-Krieg Amnesty wirft Israel und Hamas Kriegsverbrechen vor

Amnesty International hat Israel und die Hamas wegen schweren Verstößen gegen das Völkerrecht kritisiert. Während des Gaza-Kriegs hätten beide Seiten Angriffe gegen Zivilisten gestartet. Israel weist die Vorwürfe zurück: Die Organisation habe sich von der Hamas manipulieren lassen.

Jerusalem - Schwere Anschuldigungen gegen Israel und die Hamas: Das Land soll während der Offensive im Gaza-Streifen Kriegsverbrechen begangen haben, kritisiert Amnesty International. Delegierte der Menschenrechtsorganisation hätten bei Recherchen im Januar und Februar Hinweise für den israelischen Einsatz von Gefechtswaffen gegen die Zivilbevölkerung gefunden, die ohne Fluchtmöglichkeit in Gaza eingeschlossen gewesen sei.

Mädchen vor zerbombtem Haus in Rafah: In vielen Fällen laut AI keine militärische Notwendigkeit für Angriffe

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Foto: SAID KHATIB/ AFP

Auch der Hamas und anderen militanten Palästinensergruppen warf die Organisation Kriegsverbrechen vor. Die Organisation habe wahllos mit Raketen auf zivile Ziele in Israel geschossen. Beide Konfliktparteien haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

"Ein großer Teil der Zerstörungen im Gaza-Streifen war mutwillig und gezielt", urteilt Amnesty in dem Bericht. Art und Umstände der Militäraktionen ließen in vielen Fällen keine militärische Notwendigkeit erkennen. Damit habe Israel das Kriegsvölkerrecht verletzt. Auch gebe es Hinweise, dass israelische Soldaten Kinder und andere Zivilisten in Gefahr gebracht hätte, indem sie diese zwangen, in ihren von der Armee eingenommenen Häusern zu bleiben. Mehrfach seien Sanitäter und Krankenwagen unter Beschuss geraten, während sie versucht hätten, Verletzte zu retten oder Tote zu bergen.

Der Großteil der Opfer auf palästinensischer Seite kam laut Amnesty durch sogenannte Präzisionswaffen ums Leben, bei denen die Angriffsziele in allen Einzelheiten zu erkennen seien. Hinzu komme die Anwendung unpräziser Waffen, darunter mit weißem Phosphor bestückte Granaten. Diese hätten niemals in dicht besiedelten Gebieten verwendet werden dürfen, betonte die Menschenrechtsorganisation.

Die israelische Armee erklärte dagegen, sie habe das Völkerrecht beachtet und versucht, die Auswirkungen der Offensive auf Unbeteiligte so gering wie möglich zu halten. Ziel der Angriffe seien ausschließlich militärische Ziele gewesen. In vielen Fällen habe die Armee Sicherheitsvorkehrungen getroffen und etwa die Zivilbevölkerung vor Angriffen gewarnt.

Der Hamas wirft Amnesty vor, mit ihren Raketenangriffen auf israelische Städte Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung verbreitet zu haben. Diese Problematik sei noch verschärft worden durch den Einsatz von Raketen längerer Reichweite, die über Ägypten nach Gaza geschmuggelt worden seien. "Angriffe auf zivile Ziele mit wahllosen Raketen verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und sind unter keinen Umständen zu rechtfertigen", sagte Amnesty-Nahostexpertin Ruth Jüttner. Israel hatte als Ziel der Offensive genannt, den Raketenbeschuss aus dem Küstengebiet zu beenden.

Die Hamas reagierte auf die Anschuldigungen mit dem Vorwurf der Einseitigkeit. Der Bericht unterscheide nicht zwischen Angreifern und Opfern und lasse das Recht der Palästinenser auf Selbstverteidigung außer acht.

In den Wochen der Offensive wurden rund 1400 Palästinenser getötet, darunter 300 Kinder und mehrere Hundert Zivilisten. Die Zahlen stimmen weitgehend mit den Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums und der unabhängigen Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte überein. Die israelische Armee gibt die Zahl der Getöteten mit 1166 an, darunter 295 Zivilisten. Auf israelischer Seite kamen 13 Menschen ums Leben, darunter drei Zivilisten.

cte/Reuters/AFP
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