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Wiederaufbau Geberkonferenz verspricht Gaza-Streifen gut vier Milliarden

Im Krieg mit Israel fielen tonnenweise Bomben auf den Gaza-Streifen. Für die Beseitigung der Schäden sagten zahlreiche Länder jetzt mehr als vier Milliarden Euro zu. Israel selbst wollte sich nicht auf einen Beitrag zum Wiederaufbau festlegen.

Kairo - Die Palästinenser sollen rund 4,3 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau des Gaza-Streifens erhalten. Das sagte der norwegische Außenminister Borge Brende am Ende einer Geberkonferenz in Kairo zu. Die Summe liegt deutlich höher als zunächst erhofft.

Insgesamt 450 Millionen Euro wolle die EU bereitstellen, kündigte die Außenbeauftragte Catherine Ashton an. Die USA geben nach Angaben von Außenminister John Kerry umgerechnet rund 168 Millionen Euro. Deutschland steuert zusätzlich zu seiner Beteiligung an den EU-Geldern weitere 50 Millionen Euro bilaterale Hilfe bei.

An der von Ägypten und Norwegen initiierten Konferenz nehmen rund dreißig Außenminister sowie regionale und internationale Organisationen teil. Die Gelder werden zur Beseitigung der schweren Schäden benötigt, die der jüngste Gaza-Krieg hinterlassen hat. Israel griff im Juli und August mehr als 5000 Ziele in dem Palästinensergebiet an, militante Palästinenser feuerten 4500 Raketen auf Israel ab. Mehr als 2100 Palästinenser und mehr als 70 Israelis wurden getötet. 18.000 Häuser wurden nach Angaben der Uno-Nothilfeorganisation Ocha im Gaza-Streifen zerstört oder beschädigt.

Die Kosten für den Wiederaufbau beziffert die palästinensische Verwaltung auf mehr als 3,2 Milliarden Euro - rund ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts der palästinensischen Autonomiegebiete. Nach offiziellen Angaben zerstörte das israelische Militär mit schätzungsweise 20.000 Tonnen Bomben Häuser, Straßen, Brücken, Schulen und Krankenhäuser sowie Infrastruktur zur Wasser- und Energieversorgung. 17 Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche im Gaza-Streifen wurde vernichtet. Auch die Wirtschaft des Streifens am Mittelmeer wurde schwer getroffen, zahlreiche Geschäfte und Betriebe seien zerstört.

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Foto: SAID KHATIB/ AFP

Israels Außenminister Avigdor Lieberman wies darauf hin, dass die Kooperation seines Landes bei der Beseitigung der Kriegsfolgen im Gaza-Streifen unverzichtbar sei. "Der Gaza-Streifen kann ohne das Zutun Israels nicht wiederaufgebaut werden", sagte Lieberman dem israelischen Nachrichtenportal Ynet. Solange es ausschließlich "um die Reparatur der zivilen Infrastruktur" gehe, liege dies "auch im israelischen Interesse".

Ägypten legt Friedensplan vor

Zu einer möglichen materiellen oder finanziellen Beteiligung Israels an der Reparatur der Kriegsschäden sagte ein Sprecher von Lieberman, die Frage stelle sich "erst nach Bewertung der Konferenzergebnisse in Kairo". Vertreter Israels waren nicht nach Kairo eingeladen worden, um die Teilnahme arabischer Staaten nicht zu gefährden. Noch im Oktober sollen in der ägyptischen Hauptstadt die indirekten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern über einen dauerhaften Waffenstillstand weitergehen.

Ägypten legte bei der Konferenz einen Nahost-Friedensplan vor. Die Gelegenheit sollte genutzt werden, um zu einem Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu gelangen, der den "Traum der Koexistenz" Wirklichkeit werden lasse, sagte Präsident Abd al-Fattah al-Sisi. Er schlug vor, einen von mehreren arabischen Staaten 2002 erarbeiteten Plan zur Lösung des Konflikts neue Beachtung zu schenken. Israel hatte den Plan damals abgelehnt. Er sieht eine vollständige Anerkennung Israels vor, wenn der jüdische Staat im Gegenzug sämtliche Gebiete zurückgibt, die er im Sechstagekrieg 1967 eroberte und einer "gerechten Lösung" für palästinensische Flüchtlinge zustimmt.

Zu Forderungen nach umfassenden Friedensverhandlungen sagte Außenminister Lieberman, vorher müsse klar sein, in welchem Rahmen und über welche Fragen da verhandelt werden solle. "Wenn es nur um die palästinensischen Forderungen geht, ist das eine vergebliche Mühe."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier betonte, ein Zurück zum Status quo dürfe es nicht geben. "Niemand will Infrastruktur aufbauen, nur damit sie kurz darauf wieder zerstört wird", hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums. Gaza dürfe deshalb nicht mehr von der Hamas und anderen Extremisten als Waffenlager missbraucht werden und die Menschen müssten eine wirtschaftliche Perspektive erhalten. Auch Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte, die Geberkonferenz dürfte nicht zu einem Ritual werden, nach dem Motto: "Aufbauen und zerstören - und dann von der internationalen Gemeinschaft erwarten, sie zahle die Rechnung."

dab/dpa/Reuters/AFP
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