

Den Haag - Vier Monate ist die niederländische Parlamentswahl her, damals ist der Islamgegner und Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Partei PVV zur drittstärksten Kraft aufgestiegen. Sein Erfolg bei der Abstimmung hat ihm eine komfortable Position verschafft: Die künftige Minderheitsregierung von Rechtsliberalen und Christdemokraten ist auf ihn angewiesen.
Am Freitag ist die Bildung dieser Minderheitsregierung einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Die niederländische Königin Beatrix betraute am Freitag den rechtsliberalen Politiker Mark Rutte mit der Bildung der Koalition. Er bot dem führenden Christdemokraten, Maxime Verhagen, daraufhin den Doppelposten des Vize-Regierungschefs und Wirtschaftsministers an. Bis zum kommenden Donnerstag soll das Kabinett stehen.
Wilders ist zwar nicht direkt an der Regierung beteiligt, verfügt jedoch über erheblichen Einfluss. Gemäß dem Duldungsabkommen, das Rutte und Verhagen mit ihm aushandelten, soll ein generelles Verbot des Ganzkörperschleiers Burka sowie des Tragens von Kopftüchern in Behörden erlassen werden.
"Von oben nach unten sauber gefegt"
Wilders kündigte an, die Einwanderung von Menschen aus islamischen und anderen nichtwestlichen Ländern werde in den nächsten Jahren um 50 Prozent zurückgedrängt werden. Zudem würden die Niederlande künftig deutlich weniger Asylbewerber akzeptieren.
Rutte wird der erste liberale Ministerpräsident des Königreichs seit 92 Jahren. Zudem erhalten die erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Minderheitsregierung. Rutte bekräftigte, dass das Kabinett und der Beamtenapparat verkleinert würden, wie dies im Wahlkampf von den Liberalen versprochen worden sei. Um notwendige Einsparungen in Höhe von 18 Milliarden Euro zu erreichen, werde "von oben nach unten sauber gefegt".
Die künftige Regierung wird von bislang 27 auf 20 Mitglieder verkleinert. Ruttes Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und der Christdemokratische Appell (CDA) sollen jeweils sechs Minister und vier Staatssekretäre stellen. Die Parität wurde vereinbart, obwohl die VVD bei den Wahlen 31 Mandate und damit zehn mehr gewann als der CDA, der von 41 auf 21 Sitze abstürzte.
Mit den Stimmen der 24 Abgeordneten von Wilders' offen islamfeindlicher Freiheitspartei PVV stützt sich das künftige Kabinett auf 76 Mandate. Es verfügt damit im 150 Sitze umfassenden Parlament lediglich über eine Mehrheit von einer Stimme. Die vorgezogene Wahl war nötig geworden, nachdem im Februar die schwarz-rote Regierungskoalition am Streit um den Militäreinsatz der Niederlande in Afghanistan zerbrochen war.
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Mark Rutte (M.) ist der erste liberale Ministerpräsident des Königreichs seit 92 Jahren. Er führt eine Minderheitsregierung mit den Christdemokraten und ihrem Chef Maxime Verhagen (l.) - geduldet vom Rechtspopulisten Geert Wilders (r.) und seiner Partei PVV.
Am 14. Oktober 2010 wurde Rutte (l.) vereidigt - das Kabinett stellte sich zum traditionellen Gruppenfoto auf den Stufen des königlichen Residenzschlosses Huis ten Bosch auf. Die Dame in Rot ist Königin Beatrix.
Die niederländischen Christdemokraten segneten auf einem Sonderparteitag die Zusammenarbeit mit Wilders ab - eine große Mehrheit der fast 5000 Delegierten stimmte am 2. Oktober 2010 für den ausgehandelten Duldungsvertrag.
Weder Christdemokraten noch Rechtsliberale stört es offenbar, dass Wilders wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung angeklagt war - hier ein Bild aus dem Gerichtssaal. Wilders wurde unter anderem Aufstachelung zum Hass gegen Anhänger des Islams und zum Rassenhass gegen Marokkaner und andere nichtwestliche Ausländer vorgeworfen. Der Prozess war wegen Befangenheit eines Richters im Oktober abgebrochen worden. Seit Anfang Februar wird das Verfahren gegen ihn neu aufgerollt.
Doch das trübte die Stimmung bei Verhagen, Rutte und Wilders nicht - hier ein Bild von einer gemeinsamen Pressekonferenz in Den Haag am 30. September 2010. Zwar ist Wilders nicht direkt an der Regierung beteiligt, er verfügt jedoch über erheblichen Einfluss.
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