Gehackter Diktatoren-Account Tausende private E-Mails stellen Assad-Familie bloß

Asma und Baschar al-Assad: Tausende Euro für Kerzenhalter, Tische, Kronleuchter
Foto: Anonymous/ ASSOCIATED PRESSHamburg - Es wäre ein bisher unbekannter Einblick in die Welt des Baschar al-Assad: Der britische "Guardian" hat mehr als 3000 E-Mails erhalten, die aus den Postfächern des syrischen Machthabers und seiner Frau Asma stammen sollen. Dem Bericht zufolge geht daraus hervor, wie Assad bei der Niederschlagung des Aufstandes vorgeht, wie isoliert die Clique von den Vorgängen im Land ist - und wie ungerührt die Familie weiterhin im Luxus schwelgt. Allerdings, so räumt die Zeitung ein, ließ sich nicht mit endgültiger Sicherheit bestätigen, ob die E-Mails tatsächlich echt sind.
Das Assad-Regime geht seit nunmehr einem Jahr mit unerbittlicher Härte gegen den Aufstand in Syrien vor. Mehr als 8000 Menschen sind dabei nach Schätzungen der Uno bereits ums Leben gekommen. Auf den internationalen Druck hat die Machtclique in Damaskus bisher nicht reagiert.
Aus dem Material hat der "Guardian" - jedes Mal mit sehr vorsichtigen, distanzierten Formulierungen - Folgendes destilliert:
- Baschar al-Assad hat angeblich Rat in Iran einholen lassen, wie er mit dem Aufstand in Syrien umgehen soll. Vor einer Rede Assads im Dezember etwa soll einer seiner Berater eine "lange Liste von Themen" vorgelegt haben, die auf Gesprächen mit iranischen Experten basieren. Einer der Ratschläge: Er solle eine "kraftvolle und brachiale" Ausdrucksweise benutzen und die militärische Stärke des Landes durchblicken lassen, um eine Intervention von außen zu verhindern.
- Der syrische Machthaber wurde offenbar sehr detailliert über die Anwesenheit ausländischer Journalisten im Stadtteil Bab Amr in Homs informiert: "Europäische Reporter" seien über die libanesische Grenze illegal nach Syrien eingereist.
- Im November drang den Dokumenten zufolge ein Berater Assads darauf, den Einsatz der regimetreuen Sicherheitskräfte in den Protesthochburgen Homs und Idlib deutlich zu verstärken.
- In einer E-Mail leitet Assad laut "Guardian" einen Link zu einem Video weiter, in dem die Belagerung der Stadt Homs mit Spielzeugen und Keksen nachgestellt wird.
- Assad soll sich ein Netzwerk von Getreuen geschaffen haben, die ihm über seine private E-Mail-Adresse Informationen zukommen lassen, am offiziellen Sicherheitsapparat und seiner Sippe vorbei. Dabei geht es angeblich auch um seinen Umgang mit den Medien und der internationalen Kritik.
- Seine eigenen Reformversprechen soll Assad heruntergespielt haben, nannte die Zugeständnisse "unnütze Gesetze zu Parteien, Wahlen, Medien".
- Eine Tochter des Emirs von Katar soll den Assads in diesem Jahr geraten haben, Syrien zu verlassen und ins Exil nach Doha auszureisen. Anfang des Jahres schreibt Mayassa al-Thani demnach an die Assads: "Die Chance zu einem echten Wandel und einer Weiterentwicklung ist lange verstrichen." Am 30. Januar dann: "Ganz ehrlich, angesichts der Weltlage und der Eskalation zuletzt, es gab doch bisher nur zwei Möglichkeiten: Machthaber, die abtreten und politisches Asyl bekommen - oder Machthaber, die brutal angegriffen wurden. Ich glaube wirklich, dies ist die Gelegenheit, auszureisen und zu einem normalen Leben zurückzukehren."
- Aus den E-Mails lässt sich den Angaben zufolge außerdem rekonstruieren, wie Asma al-Assad mehr als 12.000 Euro für Kerzenhalter, Tische und Kronleuchter aus Paris ausgab und einen Mitarbeiter bat, ihr bei Amazon ein Fondue-Set zu bestellen.
- Assad selbst soll die Sanktionen der USA umgangen haben, indem er über den Account eines Dritten mit einer US-Adresse Musik und Apps bei iTunes kaufte.
Bei den E-Mails handelt es sich um Daten, die Aktivisten von den privaten Accounts von Assad selbst und dessen Frau heruntergeladen haben wollen. Angeblich haben Anhänger der Opposition die Schriftsätze zwischen Juni 2011 und Anfang Februar 2012 an sich gebracht. Die Passwörter wollen die Aktivisten von einem Maulwurf aus dem engsten Umfeld der Assads bekommen haben. Am 7. Februar dann sei das Leck im Zusammenhang mit einer Attacke der Hacker-Gruppe Anonymous aufgeflogen, die Zugänge seien gesperrt worden.
Der "Guardian" hat das Material nach eigenen Angaben intensiv auf seine Authentizität überprüft, unter anderem durch das Gegenchecken mit bekannten Tatsachen und Anfragen bei zehn Personen, die in dem E-Mail-Verkehr auftauchen. "Diese Überprüfungen lassen darauf schließen, dass die Nachrichten echt sind, aber es war nicht möglich, alles zu verifizieren."