Geiselnahme an russischer Schule Kidnapper lassen 15 Kinder frei
Beslan - Etwa 15 Schüler hätten das Gebäude verlassen dürfen, teilte der Einsatzstab in der nordossetischen Stadt Beslan nach Angaben der Agentur Itar-Tass mit. Unklar ist, wie viele Menschen noch in der Gewalt der Geiselnehmer sind. Die Rede ist von 150 und 200 Menschen.
Die Rebellen warnten die Sicherheitskräfte vor Angriffen. Sie drohten, für jeden getöteten Kämpfer würden sie 50 Kinder töten, für jeden verletzten Mitstreiter 20.
Mufti Ruslan Walgatow hatte zuvor als erster Unterhändler die Schule in der Stadt Beslan betreten, um mit den Terroristen zu verhandeln. Die Geiselnehmer hätten auch eine Mobiltelefonnummer genannt, unter der sie zu erreichen seien, meldete "Itar-Tass".
Ob Walgatow mit den Geiselnehmern sprechen konnte, ist unklar. "Itar-Tass" zufolge lehnten sie das Vermittlungsangebot des Geistlichen ab und forderten stattdessen Gespräche mit hochrangigen Regierungsvertretern. Die "Nesawisimaja Gaseta" meldet dagegen Walgatow habe sich dem Schulgebäude genähert, um ein Gespräch mit den Terroristen zu beginnen.
Vorher waren rund 50 Schüler den Kidnappern entkommen. Der Agentur "Itar-Tass" zufolge, hatten sich die Kinder versteckt, als der Überfall auf die Schule begann. Sie flüchteten in kleinen Gruppen aus dem Gebäude.
Inzwischen haben die Geiselnehmer ein Videoband mit Aufnahmen aus dem Innern der gestürmten Schule an die Sicherheitsbehörden übergeben. Den Behörden zufolge war das Band allerdings leer.
Am Morgen hatte es Schusswechsel zwischen "Omon"-Einsatztruppen des Innenministeriums und den Geiselnehmern gegeben. Die Zahl der Todesopfer ist inzwischen auf acht gestiegen. Die meisten der Opfer seien bei der Erstürmung des Schulgebäudes schwer verletzt worden und später im Krankenhaus gestorben, meldete die Agentur Itar-Tass unter Berufung auf das Krankenhaus der Stadt Beslan. Unter den Toten seien keine Kinder, hieß es.
Augenzeugen berichteten, die Geiselnehmer hätten die Schüler in einer Sporthalle zusammengetrieben. Sie drohen, die Halle in die Luft zu sprengen, wenn die Polizei das Gebäude stürmt. Laut "Itar-Tass" sollen die Entführer Kinder als Schutzschilde vor die Fenster des Schulgebäudes gestellt haben. Die Terroristen sollen schwarz gekleidet sein und ihre Gesichter hinter schwarzen Masken verborgen haben. Die Kidnapper - unter ihnen auch Frauen - tragen offenbar Sprengstoffgürtel. Ein Sprecher des Inlandsgeheimdienstes FSB, Ismel Shaow, sagte, es handele sich um insgesamt 17 Geiselnehmer. Sie fordern "Itar-Tass" zufolge, dass zahlreiche in der Nachbarprovinz Inguschetien inhaftierte tschetschenische Rebellen auf freien Fuß gesetzt werden und dass die russischen Truppen aus Tschetschenien abziehen.
Zudem verlangten sie nach dem bekannten russischen Kinderarzt Leonid Roschal, der sich schon während der Besetzung eines Moskauer Musicaltheaters vor zwei Jahren um die Geiseln kümmerte. Er wird als Verhandlungspartner neben dem nord-ossetischen Präsident Alexander Dsasochow und dessen inguschischem Kollegen Murat Sjasikow gefordert. Eine Frau sei mit einer entsprechenden Erklärung der Geiselnehmer freigelassen worden. Mit der Leitung der Geiselbefreiung ist General Michail Pankow aus dem Innenministerium beauftragt.
Die "Nesawisimaja Gaseta" vermutet unter Berufung auf nicht genannte Quellen, dass die Geiselnehmer der "Inguschetischen Gemeinschaft" angehören. Die Gruppe steht in enger Verbindung zu den Rebellen um den radikalen tschetschenischen Warlord Schamil Basajew.
Tschetschenische und einheimische Angreifer hatten Inguschien im Juni überfallen und systematisch Polizisten und Justizbeamte erschossen. Nach diesem Angriff mit mehr als 90 Toten hatte die Polizei zahlreiche Verdächtige verhaftet.
Die Stadt Beslan befindet sich etwa 30 Kilometer nördlich von Wladikawkas, der Hauptstadt Nord-Ossetiens, das an die Konfliktrepublik Tschetschenien grenzt. In Tschetschenien kämpfen radikal-muslimische Rebellen gegen die Zugehörigkeit der Republik zu Russland. Sie haben wiederholt Anschläge in Russland verübt.