Furcht vor Protesten Ägypten verbietet Verkauf von gelben Westen

El-Sayyeda-Nafisa-Moschee in Kairo
Foto: AP/dpaEine gelbe Weste hat Mohamed Ramadan ins Gefängnis gebracht. Der Rechtsanwalt aus Alexandria hatte auf Facebook in einer Warnweste posiert und sich mit den Demonstranten in Frankreich solidarisiert. Die Staatsanwaltschaft in der ägyptischen Hafenstadt hat deshalb in dieser Woche eine 15-tägige Untersuchungshaft gegen Ramadan verhängt.
Die Ermittler werfen ihm nach Angaben seines Verteidigers Mahienour el-Massry "die Unterstützung einer Terrorgruppe" vor, weil er Proteste in Ägypten nach dem Vorbild der französischen "Gelbwesten"-Bewegung geplant habe.
Um zu verhindern, dass andere Ägypter Ramadans Vorbild folgen, haben die Behörden den Verkauf von gelben Westen im Land praktisch verboten. Großhändler und Ladenbesitzer wurden angewiesen, nur noch Sicherheitswesten an Kunden zu verkaufen, die eine polizeiliche Genehmigung vorlegen. Wenn Ägypter ohne ausdrückliche Erlaubnis gelbe Westen kaufen wollen, müssen die Verkäufer das melden.
Die Regelung soll zunächst bis Ende des kommenden Monats gelten: Am 25. Januar jährt sich der Beginn des Aufstands gegen Husni Mubarak zum achten Mal. Offenbar fürchtet das Regime von Abdel Fattah el-Sisi, dass rund um den Jahrestag Tausende Ägypter in gelben Westen gegen die Regierung auf die Straßen gehen könnten.

Gelbe Weste in Schaufenster in Kairo
Foto: Mohamed Abd El Ghany/ REUTERSDoch dafür gibt es derzeit überhaupt keine Anzeichen. Sisi hat seit seinem Militärputsch 2013 Zehntausende islamistische und säkulare Oppositionelle ins Gefängnis gesteckt oder unter Hausarrest gestellt, Demonstrationen gegen die Regierung sind verboten. Jeder Ägypter, der offen seine Stimme gegen den Staatschef erhebt, weiß, dass er dafür jahrelang in Haft wandern kann.
Muslimbrüder in gelben Westen?
Trotzdem zeigt sich das Regime in Kairo nervös. Die gleichgeschalteten Medien versuchen deshalb, die "Gelbwesten"-Proteste in Frankreich als Aufstand der Muslimbrüder darzustellen. Algerische, tunesische und marokkanische Islamisten aus den armen Vororten stünden hinter den Ausschreitungen. "Die Art, wie diese Proteste ablaufen, zeigt ohne Zweifel, dass die Muslimbrüder dahinterstecken", schreibt etwa die Tageszeitung "al-Masry al-Yaum".
Die Berichterstattung in den ägyptischen Medien konzentriert sich auf die Plünderungen und Zerstörungen in Paris. Aus vielen Artikeln spricht offene Schadenfreude: "Europäer sprechen immer von den Menschenrechten der Demonstranten und kümmern sich nicht um die nationale Sicherheit. Jetzt können sie von ihrem eigenen Gift trinken", schreibt "al-Masry al-Yaum".

Demonstrant in Frankreich
Foto: NICOLAS TUCAT/ AFPÄgyptens Medien setzen die Proteste mit dem Arabischen Frühling von 2011 gleich. Die Berichterstattung ist deshalb auch der Versuch, den Aufstand von damals nachträglich umzudeuten, in einen Exzess von Gewalt und Vandalismus, der erst durch das Eingreifen der Armee unter Sisi im Sommer 2013 gestoppt wurde.
Plumpe Falschmeldungen
Der arabische Dienst des russischen Propagandasenders RT, ägyptische Medien und Unterstützer des Diktators schrecken dabei auch vor plumpen Falschmeldungen nicht zurück. So verbreiteten sie ein knapp zweiminütiges Video, das eine Frau in Camouflage und einer gelben Weste zeigt.
مواطنة فرنسية تبكي وتقول للفرنسين لا تخربوا وطنكممواطنة فرنسية تبكي وتقول للفرنسين لا تخربوا وطنكم
Posted by Ma32oul on Saturday, December 8, 2018
"Eine französische Polizistin weint und bittet die Demonstranten, sie zu töten, anstatt Paris zu zerstören, wie es die Araber mit ihren Nationen getan haben" - so berichten sie über das Video . Tatsächlich zeigt der Clip aber eine Demonstrantin, die Polizisten anfleht, die Protestierenden nicht anzugreifen. Von den arabischen Staaten ist überhaupt keine Rede.

Demonstranten in gelben Westen in Basra
Foto: HAIDER AL-ASSADEE/ EPA-EFE/ REXÜberhaupt gibt es bislang erst ein arabisches Land, in dem sich Demonstranten in gelben Westen gezeigt haben. Anfang Dezember zogen "Gelbwesten" vor den Gouverneurspalast in der südirakischen Stast Basra. Dort demonstrieren die Menschen seit Monaten gegen die immer schlechteren Lebensbedingungen und die Gleichgültigkeit der Regierung. Mit der Übernahme der "Gelbwesten"-Symbolik hoffen sie nun darauf, auch international mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.