Eskalation der Kämpfe 120.000 Syrer flüchten vor dem Bürgerkrieg
Damaskus/Beirut - Syrische Regierungstruppen bekämpfen die Aufständischen in den Metropolen Damaskus und Aleppo den Angaben von Aktivisten zufolge mit rigoroser Härte. In der Hauptstadt beschossen Kampfhubschrauber das südliche Viertel al-Hadschar al-Aswad, wie Aktivisten am Mittwoch berichteten. Das Gebiet ist eine der letzten Hochburgen der Rebellen in Damaskus, nachdem sie in den vergangenen Tagen von den Truppen des Regimes aus etlichen anderen Stadtvierteln verdrängt worden waren.
In mehreren Bezirken der nordsyrischen Metropole Aleppo lieferten sich Regierungstruppen und Rebellen am Mittwoch offenbar heftige Gefechte. Umkämpft waren unter anderem das Einwohnermeldeamt und das lokale Hauptquartier der regierenden Baath-Partei, meldeten syrische Aktivisten. Auch in Aleppo hatte das Regime in den letzten Tagen Gebiete von den Rebellen zurückerobert. Unabhängig überprüfen lässt sich das derzeit nicht.
Am Dienstag waren nach Angaben der syrischen Menschenrechtsbeobachter bei Kämpfen und Razzien der Regierungstruppen landesweit mehr als 160 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen 119 Zivilisten.
Die Gewalt hat nun eine massive Flüchtlingswelle in Bewegung gesetzt. Mehr als 120.000 syrische Flüchtlinge sind nach Angaben des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Jordanien, im Libanon, in der Türkei und im Irak registriert. Nach Angaben der Regierungen seien die wirklichen Zahlen jedoch noch weitaus höher, teilte das UNHCR mit. Viele Flüchtlinge seien auf humanitäre Hilfe und auf Spenden angewiesen.
Es fehlt an Wasser, Nahrung, Unterkünften
Drei Viertel der Flüchtlinge sind den Angaben zufolge Frauen und Kinder. "Ich bin den Nachbarländern sehr dankbar, dass sie die Grenzen für die Flüchtlinge offen halten", sagte der Uno-Flüchtlingskommissar António Guterres. In den aufnehmenden Gemeinden fehlten jedoch Unterkünfte, Wasser, Medikamente und Nahrungsmittel.
Vor dem Hintergrund der sich ausweitenden Kämpfe haben die Vereinten Nationen inzwischen offenbar die Hälfte ihrer 300 Beobachter aus dem Land abgezogen. 150 Mitglieder der Uno-Überwachungsmission hätten Syrien verlassen, sagten zwei der Beobachter in Damaskus der Nachrichtenagentur AFP. Sie seien am Dienstagabend und Mittwoch ausgereist "und werden nicht zurückkommen", fügte einer der Beobachter hinzu.
Der Uno-Sicherheitsrat hatte das Mandat für die Beobachter in der vergangenen Woche nach schwierigen Verhandlungen nochmals um 30 Tage verlängert. Die USA verwiesen allerdings darauf, dass die Verlängerung nur noch dazu diene, den Beobachtern einen "sicheren und geordneten Rückzug" zu ermöglichen.
Türkei schließt Grenzübergänge
Der Uno-Sicherheitsrat hatte am 14. April die Entsendung von unbewaffneten Beobachtern nach Syrien beschlossen. Aufgabe der Beobachtertruppe war es, die Einhaltung einer Waffenruhe zwischen den Aufständischen und den Sicherheitskräften von Präsident Baschar al-Assad zu überwachen. Die Mission konnte das Blutvergießen jedoch nicht stoppen. Mehrfach wurden die Beobachter daran gehindert, Orte zu besuchen, teils wurden sie auch selbst beschossen.
Nach Übergriffen syrischer Oppositioneller auf türkische Lastwagen schloss die Türkei ihre Grenze zu Syrien für den Güterverkehr. Lastwagen, die Syrien nur als Transitland nutzen wollten, dürften weiterhin passieren, sagte Wirtschaftsminister Zafer Çaglayan am Mittwoch. Ausnahmen gebe es auch für Lastwagen aus Syrien, die Güter zur Versorgung der Bevölkerung aus der Türkei holen wollten.
Am vergangenen Samstag hatten Angehörige der Freien Syrischen Armee (FSA) 30 aus der Türkei kommende Lastwagen ausgeraubt und beschädigt. Neun Lkw wurden zudem in Brand gesteckt. An der 900 Kilometer langen Grenze der Türkei zu Syrien gibt es 13 Grenzübergänge.