Uno-Resolution Blauhelm-Einsatz kann Gewalt in Syrien nicht stoppen

Trotz der Waffenruhe kommt Syrien nicht zur Ruhe: Oppositionelle berichten von Angriffen auf Duma, einen Vorort von Damaskus. Zwei Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein. Wann die ersten von 300 Blauhelmsoldaten ins Land reisen, ist noch unklar.

Beirut - Die Waffenruhe in Syrien ist auch am Wochenende offenbar wieder gebrochen worden. Einen Tag nachdem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Aufstockung der Uno-Beobachtermission in Syrien auf 300 Mann beschlossen hatte, wurden am Sonntag wieder neue Angriffe gemeldet.

Regierungstruppen hätten einen Vorort der Hauptstadt Damaskus unter Beschuss genommen, berichteten die oppositionellen Koordinationskomitees. Mehrere Explosionen hätten Duma erschüttert, während Soldaten einige Viertel stürmten. Eine unabhängige Bestätigung für die Angaben gab es nicht.

Nach Darstellung der Opposition versuchte das syrische Regime, die Uno-Beobachter zu täuschen. Am Sonntag hieß es, die Soldaten an den Straßensperren der Protesthochburg Rastan hätten ihre Uniformen gewechselt. Sie trügen jetzt keine Armeekleidung mehr, sondern Uniformen der Polizei. Der Aktivist Mohammed Said berichtete von zwei Todesopfern in Duma. In dem Ort sei Panik ausgebrochen, sagte er. "Diese Uno-Beobachter-Sache ist ein großer Witz. Wenn sie da sind, hört der Beschuss auf und die Panzer werden versteckt, aber wenn sie gehen, wird der Beschuss wieder aufgenommen."

Das in Großbritannien ansässige Syrische Observatorium für Menschenrechte berichtete, auch in dem Dorf Hteita außerhalb von Damaskus sei ein Mensch getötet worden, als Soldaten von einem Kontrollpunkt aus geschossen hätten.

Besuch in Homs

Eine Gruppe von Uno-Beobachtern hatte am Samstag ein von syrischen Rebellen gehaltenes Viertel der Stadt Homs besucht. Der arabische Nachrichtensender al-Dschasira zeigte drei mit blauen Helmen und Schutzwesten bekleidete Beobachter in den Straßen des Viertels Dschuret el Schajah. Vor der Ankunft der Uno-Beobachter hatten die syrischen Regierungstruppen ihren Beschuss der Stadt eingestellt.

Das Observatorium erklärte, in Homs sei die Lage zum ersten Mal seit mehr als einer Woche ruhig. Die Soldaten hätten sich in ihre Fahrzeuge zurückgezogen, sagte der Aktivist Salim Kabani. Panzer seien von den Straßen verschwunden.

In Syrien war in der vergangenen Woche ein von der Uno vermittelter Waffenstillstand in Kraft getreten. Allerdings wurden Teile von Homs weiter beschossen, während Anhänger der Opposition Regierungssoldaten angegriffen haben sollen. Ein Vorausteam von sieben Uno-Beobachtern ist seit etwa einer Woche im Land, um die Einhaltung des Waffenstillstands zu überwachen. Es war der erste Besuch der Blauhelme in Homs.

Resolution einstimmig verabschiedet

Der Sicherheitsrat hatte am Samstag einstimmig die Ausweitung der Mission in Syrien beschlossen. In der Resolution wurden die syrische Regierung und die Opposition zudem aufgefordert, umgehend die Gewalt einzustellen und den Friedensplan des Sondergesandten Kofi Annan umzusetzen. "Insbesondere die Regierung muss den Einsatz schwerer Waffen wie versprochen unterlassen, solche Waffen und Truppen aus Wohngebieten abziehen und ihre Verpflichtungen nach dem Sechs-Punkte-Plan vollständig erfüllen", sagte der frühere Uno-Generalsekretär. Die Beobachtermission solle helfen, die Voraussetzungen für eine politische Lösung des Konflikts zu schaffen. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon soll unter Berücksichtigung der Lage im Land entscheiden, wann die Beobachter nach Syrien geschickt werden.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die einhellige Entscheidung des Sicherheitsrats. "Die internationale Gemeinschaft hat damit ein starkes Signal der Unterstützung für den Sechs-Punkte-Plan von Kofi Annan und damit für eine politische Lösung gesendet", sagte Westerwelle. "Jetzt geht es mehr denn je darum, dass das Assad-Regime ohne Wenn und Aber im ganzen Land seine Gewalt einstellt und die Waffenruhe in vollem Umfang respektiert." Westerwelle bot materielle und logistische Unterstützung für die Beobachtermission an. Eine Beteiligung der Bundeswehr an dem Einsatz sei derzeit hingegen nicht im Gespräch.

In Syrien hatten vor mehr als einem Jahr Proteste gegen Staatschef Baschar al-Assad begonnen, die dieser blutig niederschlagen ließ. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten starben seit Inkrafttreten der Waffenruhe am 12. April mehr als 130 Menschen. Insgesamt wurden seit Beginn der Proteste nach Uno-Angaben mehr als 9000 Menschen getötet.

jbr/dapd/dpa/AFP
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