Gipfeltreffen
Europäer beschließen 110-Milliarden-Hilfe für Griechenland
Die größte Hilfsaktion in der Geschichte des Euro ist beschlossen. Griechenland wird vom IWF und den anderen Staaten der Gemeinschaftswährung 110 Milliarden Euro an Hilfskrediten bekommen - binnen drei Jahren. Deutschlands Anteil: gut 22 Milliarden Euro.
Eurozonen-Präsident Juncker in Brüssel: 80 Milliarden von Europa, 20 Milliarden vom IWF
Foto: JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN/ AFP
Brüssel - Historischer Beschluss in Brüssel: Die Euro-Länder werden einem Mitgliedstaat mit einem gigantischen Unterstützungspaket helfen, eine Staatspleite abzuwenden. In Brüssel beschlossen die Finanzminister am Sonntagabend, Griechenland mit insgesamt 110 Milliarden Euro zu unterstützen. Die Kredite sollen über die kommenden drei Jahre gewährt werden.
Jean-Claude Juncker, Präsident der Euro-Gruppe und luxemburgischer Premier, gab die Einigung bekannt. Die Staaten der Gemeinschaftswährung werden dabei 80 Milliarden Euro tragen, den Rest der Internationale Währungsfonds (IWF). Im laufenden Jahr sind maximal 30 Milliarden Euro vorgesehen. Deutschland übernimmt nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) insgesamt gut 22 Milliarden Euro, davon in diesem Jahr rund 8,4 Milliarden.
Die ersten Zahlungen sollen noch vor dem 19. Mai erfolgen, wenn griechische Schulden fällig werden. "Wir sind zuversichtlich, dass unsere Hilfe ausreicht, um alle griechischen Zahlungsverpflichtungen bis 2012 sicherzustellen", sagte Juncker. Die Kredite der Euro-Staaten für Griechenland werden ebenso wie die Gelder des IWF nur gezahlt, wenn Griechenland die angekündigten Maßnahmen tatsächlich umsetzt. Alle drei Monate wird geprüft, ob die Regierung mit ihren Sanierungsmaßnahmen im Plan liegt. Griechenland hat sich verpflichtet, notfalls seinen Sparkurs in Zukunft weiter zu verschärfen.
Griechenland hat sich die Milliardenhilfe seiner Euro-Partner teuer erkauft. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou
verkündete an diesem Sonntag ein Drei-Jahres-Sparprogramm über 30 Milliarden Euro, das die Neuverschuldung des Landes unter die drei Prozent des Stabilitätspaktes senken soll. Dieses Paket war Bedingung für die Kredite der Euro-Staaten und des IWF - "wir haben die Wahl zwischen Zusammenbruch oder Rettung", sagte der Minister dazu. In einem Papier der Eurogruppe heißt es, die griechische Wirtschaft werde in diesem und im kommenden Jahr deutlich schrumpfen, um 4,0 beziehungsweise 2,5 Prozent. Das Haushaltsdefizit von derzeit 13,6 Prozent müsse bis 2014 wieder unter die Drei-Prozent-Grenze gebracht werden. Bisher war bei etwas geringeren Annahmen stets von 2012 die Rede gewesen.
Schäuble: "Unser Auftrag ist, die Eurozone als ganzes zu verteidigen"
Schäuble sagte nach dem Finanzgipfel in Brüssel: "Wir haben alles Menschenmögliche getan, damit sich Griechenland sanieren kann." Es sei "unser Auftrag, die Stabilität der Eurozone als ganzes zu verteidigen. Je besser wir den erfüllen, desto besser für alle Europäer und damit für alle in Deutschland". Er erwartet, dass Bundestag und Bundesrat das Gesetz zur Griechenlandhilfe noch in dieser Woche verabschieden: "Wir haben gute Chancen, die abschließende Gesetzgebung bis zum Freitag zu erreichen." Das Bundeskabinett soll sich gleich am Montag mit dem Gesetz befassen - allerdings ließ SPD-Fraktionschef Frank- Walter Steinmeier am Abend die Zustimmung der Sozialdemokraten im Bundestag offen. Auch in den Koalitionsparteien gibt es noch Vorbehalte.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte schon vor dem Beschluss gesagt, sie befürworte den Hilfsplan und das griechische Sparprogramm. Es sei sehr anspruchsvoll und nachhaltig. Sie versprach den deutschen Bürgern, ihnen entstünden keine unmittelbaren Risiken aus der Hilfszusage für Athen.
Anders als bisher geplant wollen die Staats- und Regierungschefs der 16 Staaten mit Euro-Währung nun schon am kommenden Freitag in Brüssel zu einem Sondergipfeltreffen zusammenkommen, um den Beschluss vom Freitagabend zu bestätigen. Bisher war dafür als Termin Montag in einer Woche angedacht worden.
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