Vorfall im Golf von Oman
Die technische Seite der Tanker-Angriffe
Die USA machen Irans Revolutionsgarden für die Attacken auf Schiffe im Golf von Oman verantwortlich. Von einem Haftminenangriff ist die Rede. Wie plausibel ist das?
Zwei Frachtschiffe werden in internationalen Gewässern zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Iran angegriffen. Es wird von drei Explosionen an Bord berichtet. Der Vorfall beunruhigt die internationale Gemeinschaft zutiefst, der Uno-Sicherheitsrat kommt hinter verschlossenen Türen zusammen.
Doch wie genau es zu dem Angriff am Donnerstag kam und wer dafür verantwortlich ist, ist auch einen Tag später unklar. Die USA beschuldigen Iran. Das US-Militär hat ein Video veröffentlicht, das die Revolutionsgarden belasten soll, eine Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte, die neben ihrer militärischen Rolle auch über erheblichen politischen und wirtschaftlichen Einfluss verfügt. Irans Führung streitet die Vorwürfe ab.
Die Aufnahmen, so die Darstellung des US-Zentralkommandos Centcom, zeigten Menschen an Bord eines iranischen Schnellboots, die dabei "beobachtet und aufgenommen" worden seien, wie sie eine nicht explodierte Mine vom Tanker "Kokuka Courageous" entfernten. Das US-Militär spricht von einem Haftminenangriff.
Ob wirklich iranische Spezialeinheiten für den Angriff verantwortlich seien, darüber lasse sich zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren, sagt Holger Schlüter, Mitglied des Deutschen Maritimen Instituts und Chefredakteur der Fachzeitschrift "Marineforum", dem SPIEGEL. Eines aber stehe fest: "Das Anbringen einer Haftmine erfordert ein gewisses Maß an Professionalität."
Das gilt laut dem pensionierten Marineoffizier vor allem dann, wenn man die Mine unterhalb der Wasserlinie anbringt, weil dies zusätzlich zu allen vorgeschalteten Schritten einen Tauchvorgang erfordert. Unterhalb der Wasserlinie würden Minen dann platziert, wenn ein Schiff zum Sinken gebracht werden soll.
Doch auch ein Anbringen oberhalb der Wasserlinie ist laut Schlüter ein komplexer Vorgang: "Man muss unbemerkt an ein Schiff heranfahren, die Haftmine anbringen und sie scharf stellen." Ein Platzieren oberhalb der Wasserlinie beschädige das Schiff schwer, bringe es in der Regel aber nicht unmittelbar zum Sinken.
Im Video: Angriff auf zwei europäische Frachtschiffe
SPIEGEL ONLINE
Haftminen könnten dabei auf verschiedene Arten befestigt werden, sagt Schlüter. Eher weniger mechanisch, etwa durch Bohren, sondern vielmehr durch Unterdruckeffekte, zum Beispiel durch saugnapfähnliche Vorrichtungen. Am wahrscheinlichsten sei aber eine Magnetlösung.
Letzteres biete sich vor allem bei großen Tankern mit einer Schiffshülle aus magnetischem Stahl an.
In der regulären Seekriegführung würden Haftminen vor allem von Kampfschwimmern und Spezialkräften wie den US Navy Seals eingesetzt. "Auch die Revolutionsgarden der Iraner verfügen über derartige Fähigkeiten", sagt Schlüter. "Aber, wie gesagt, das ist noch spekulativ."