Griechisch-mazedonische Grenze Ein Zaun zerstört den Traum von Europa
Der Polizist verhandelt nicht: "Der Grenzübergang ist für Zivilisten und für die Medien geschlossen", sagt er. "Vor allem für die Medien."
Idomeni am frühen Dienstagmorgen. Tausende Flüchtlinge harren seit Tagen hier im Gebiet zwischen Griechenland und Mazedonien aus. Sie wollen weiter nach Norden, Richtung Mitteleuropa.
Doch jetzt haben die Sicherheitskräfte die Zugangsstraße zur Grenze und zum provisorischen Lager der Migranten gesperrt. Der Grund: 700 Flüchtlinge aus Afghanistan sollen von dort abtransportiert werden - etwa 200 von ihnen hatten zuvor den Eisenbahnübergang besetzt.
Mazedonien hat am Montag die Einreisebedingungen deutlich verschärft und lässt seitdem nur noch Syrer und Iraker ins Land - wenn sie die richtigen Dokumente vorzeigen können.
Afghanen aber haben keine Chance mehr, über die Grenze zu kommen. Sie hatten zwischenzeitlich versucht, die Grenze gewaltsam zu passieren.

Flüchtlinge: Chaos an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien
An den wichtigsten Übergängen wurde nun ein Metallzaun mit Stacheldraht errichtet. Ein mazedonischer Behördenmitarbeiter schildert die Problematik: "Serbien erlaubt den Afghanen nicht ins Land zu kommen. Und wir werden den Afghanen nicht gestatten, die Grenze nach Mazedonien zu überqueren, bevor das Chaos dort nicht aufhört."
Mehr als 6000 Migranten und Flüchtlinge sollen sich jetzt im Camp Idomeni aufhalten, das aber eigentlich für weniger als 2000 Menschen errichtet wurde.
Journalisten sollten von der Räumungsaktion in dem Lager nichts mitbekommen. Die griechischen Sicherheitsbehörden tun alles, um Journalisten fernzuhalten. Der SPIEGEL-ONLINE-Reporter wurde schon von einem Polizeiwagen gestoppt, als er noch gar nicht in der Nähe des Camps war. Schon im Dezember hatten die Sicherheitsbehörden versucht, die Medien auszuschließen, als überwiegend Iraner, Pakistaner und Marokkaner evakuiert wurden.
Die Türkei schickt unverdrossen Flüchtlinge über die Ägäis
Die einzigen Fahrzeuge, die jetzt noch nach Idomeni durchgelassen werden, sind Krankenwagen, Polizeiautos und wenige Wagen von NGOs. Aber auch die NGOs hätten nur einen begrenzten Zugang zum Camp, berichtet Antonis Rigas von der Organisation Ärzte ohne Grenzen.
Die Entscheidung, die Afghanen aus dem Camp Idomeni zu holen, war am Montagabend während einer Dringlichkeitssitzung von Premier Tsipras und seinem Kabinett getroffen worden. Griechenland fühlt sich der Flüchtlingskrise immer weniger gewachsen und ist empört über die Türkei, die weiterhin Flüchtlinge über die Ägäis schickt. Erst an diesem Morgen kam eine Fähre von den griechischen Inseln Lesbos und Kos 1130 Migranten im Hafen von Piräus an.
Auf der mazedonischen Seite der Grenze sind die Behörden Medien gegenüber anscheinend nicht so misstrauisch. Vom Grenzort Gevgelija aus hat man eine gute Sicht auf das Geschehen in Griechenland. So war um acht Uhr morgens zu beobachten, wie die griechische Polizei die rund 200 Afghanen, die die Eisenbahntrasse besetzt hatten, wieder zurückjagte.
Obwohl sie wie Vieh von der Grenze zurückgetrieben wurden und ihr Traum nach Europa zu gelangen sich nicht erfüllte, verhalten sich die Afghanen in Idomeni ruhig. Mit sieben Bussen werden sie zurück nach Athen gebracht. Zuvor hatte es geheißen, die Flüchtlinge würden nach Thessaloniki gefahren.
Ein alter Mann kümmert sich vor der Abfahrt um seinen Enkel, Kinder spielen, die Babys werden versorgt. Einige junge Männer sitzen enttäuscht auf dem Boden. Einer von ihnen sagt frustriert: "Wäre ich doch bloß schon letzte Woche gekommen." Damals gab es noch keinen Stacheldraht an der Grenze.