Flüchtlingscamp auf Lesbos Griechenland evakuiert 1500 Asylbewerber

Auf der griechischen Ägäisinsel Lesbos kommen so viele Flüchtlinge an wie seit Jahren nicht, das Lager Moria ist völlig überfüllt. Jetzt haben die Behörden außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen.
Lesbos, Griechenland: Die Zahl ankommender Migranten war zuletzt stark gestiegen

Lesbos, Griechenland: Die Zahl ankommender Migranten war zuletzt stark gestiegen

Foto: Gianmarco Maraviglia/ SPIEGEL ONLINE

Die griechischen Behörden haben am Montag etwa 1500 Migranten aus dem Flüchtlingscamp auf der griechischen Ägäisinsel Lesbos evakuiert. Zwei zivile Boote legten im Hafen von Lesbos an, um die Menschen aufs griechische Festland zu bringen. An Bord der Boote durften vor allem Familien mit kleinen Kindern gehen, sie werden als besonders schutzbedürftig eingestuft. Das Boarding des zweiten Bootes dauerte am Montagnachmittag noch an.

Das Lager auf Lesbos ist völlig überfüllt. Einst ausgelegt für 3000 Menschen, harren im Camp nahe dem Dorf Moria mittlerweile rund 10.000 Migranten aus. Tausende von ihnen leben außerhalb des offiziellen Camps an einem Olivenhain unter unmenschlichen Bedingungen. Um Essen zu bekommen, müssen die Asylsuchenden oft stundenlang in der Schlange stehen, in vielen Zelten gibt es keinen Strom.

Zahl der Ankommenden könnte weiter steigen

Die Evakuierung ist Teil einer Reihe von Maßnahmen der griechischen Regierung, die sie am vergangenen Samstag in einem kurzfristig einberufenen Treffen beschlossen hatte. Sie plant außerdem, die Einspruchsmöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber einzuschränken und den Grenzschutz zu verstärken.

Zuletzt war die Zahl der auf Lesbos ankommenden Migranten sprunghaft gestiegen. Es kommen derzeit so viele Migranten auf den griechischen Inseln an wie seit dem Inkrafttreten des Flüchtlingspaktes der EU mit der Türkei nicht mehr. Am vergangenen Donnerstag landeten 13 Boote innerhalb von einer Stunde am Strand von Lesbos. Insgesamt kamen an dem Tag 647 Migranten, bis zum Montagmittag erreichten weitere 456 Flüchtende die Insel.

Auch diese beiden Männer warten auf die Evakuierung aus dem Lager bei Moria

Auch diese beiden Männer warten auf die Evakuierung aus dem Lager bei Moria

Foto: Gianmarco Maraviglia/ SPIEGEL ONLINE

Die vielen Ankünfte konzentrieren sich vor allem auf Lesbos - und stellen die Zukunft des Paktes in Frage, auch wenn die Zahlen lange nicht das Ausmaß erreichen wie auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015. Griechenland bringt regelmäßig schutzbedürftige Asylbewerber von den ägäischen Inseln auf das Festland. Eine vergleichbare Evakuierungsaktion hat es aber seit Jahren nicht gegeben.

Im September und Oktober kommen für gewöhnlich mehr Migranten auf die ägäischen Inseln als in anderen Monaten. Deswegen befürchten die griechischen Behörden, dass die Zahl der Ankünfte noch weiter steigen könnte.

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Am Freitag bestellte der griechische Außenminister Nikos Dendias den türkischen Botschafter in Athen ein, um ihm "seine starke Unzufriedenheit" mitzuteilen - außerdem ermahnte er ihn, das EU-Türkei-Abkommen zu respektieren. Am Montag legte er nach. Die Situation mit mehr als 500 Ankommenden an einem Tag sei vergleichbar mit der von 2012 und eine Verletzung des EU-Türkei-Paktes. Griechenland werde eine Protestnote übergeben.

Ankara und Brüssel hatten sich im März 2016 auf ein Abkommen geeinigt, das die illegale Einwanderung von Flüchtlingen über die Türkei nach Europa einschränken sollte. Dafür sagte die EU der Türkei Milliardenhilfen für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Millionen Flüchtlingen zu. Seit dem Deal kamen weitaus weniger Migranten auf den griechischen Inseln an, die türkische Polizei und Küstenwache hinderten viele von ihnen an der Überfahrt.

Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft

Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.

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