Finanz- und Wirtschaftskrise FDP-General drängt Griechenland zum Euro-Austritt

Demonstration in Athen: "Gelder dürfen nur fließen, wenn alle Bedingungen erfüllt werden"
Foto: ANGELOS TZORTZINIS/ AFPBerlin - Die US-Rating-Agentur Moody's hatte am späten Montagabend den Ausblick für die Kreditwürdigkeit Deutschlands von "stabil" auf "negativ" zurückgestuft und diesen Schritt mit einer wachsenden Unsicherheit wegen der Euro-Schuldenkrise begründet. Die Wahrscheinlichkeit eines Austritts von Griechenland aus dem Währungsgebiet sei gestiegen.
Sollte Griechenland aus der Euro-Zone austreten, wäre ein Staatsbankrott wohl unausweichlich. Die deutschen Steuerzahler würde das nach einer aktuellen Schätzung der Dekabank kurzfristig 83 Milliarden Euro kosten. "Darin enthalten sind die deutschen Anteile an den Auszahlungen aus dem ersten und zweiten Rettungspaket für Athen von bisher 15 und 22 Milliarden Euro", sagte Dekabank-Experte Carsten Lüdemann der "Rheinischen Post". Hinzu kämen weitere 13 Milliarden Euro an Verpflichtungen, die sich für Deutschland ergäben, weil die Europäische Zentralbank (EZB) im Pleitefall wertlose griechische Staatsanleihen in ihren Büchern stehen hätte.
Zudem müsse Deutschland 30 der 106 Milliarden Euro schultern, die die griechische Notenbank über das sogenannte Target-System der europäischen Notenbanken der Bundesbank schulde. Aus den Zahlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Griechenland ergäbe sich darüber hinaus für Deutschland ein Kostenanteil von drei Milliarden Euro.
Döring: "Griechenland kann außerhalb der Euro-Zone schneller gesunden"
Bei Koalitionspolitikern wird die Skepsis bezüglich weiterer Hilfen oder Zugeständnisse an Griechenland immer größer. "Über ein neues Hilfspaket sollten wir überhaupt nicht reden, und Gelder aus dem beschlossenen Hilfspaket dürfen nur fließen, wenn Griechenland alle Bedingungen vollständig erfüllt", sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer der "Bild"-Zeitung. Europa sei mit den beschlossenen Hilfspaketen für Griechenland bereits "bis an die Grenze des Vertretbaren gegangen". Unionsfraktionsvize Michael Meister sagte der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf: "Wenn mehr Zeit auch mehr Geld bedeutet, halte ich das für nicht umsetzbar."
Ähnlich äußerte sich der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Die vergangenen beiden Jahre hätten bewiesen, dass es Griechenland vor allem an Wettbewerbsfähigkeit, hinreichender Steuermoral und effizienter Verwaltung fehle. "Daran werden immer neue Kreditzusagen oder Bürgschaften nichts ändern", erklärte Bosbach im Saarländischen Rundfunk.
Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring sieht keine Bundestagsmehrheit für neue Hilfsmilliarden. Stattdessen sagte er der "Passauer Neuen Presse": "Es könnte an den Märkten Vertrauen schaffen, wenn Griechenland nicht mehr Teil der Euro-Zone wäre." Döring glaubt, dass "Griechenland außerhalb der Euro-Zone schneller wieder wettbewerbsfähig werden und gesunden kann".
Troika trifft in Griechenland ein
Am Montag hatten Äußerungen von FDP-Chef Philipp Rösler zu Griechenland für heftige Diskussionen in der Partei gesorgt. Rösler hatte erklärt, er sei "mehr als skeptisch", dass Athen die harten Sparauflagen noch erfüllen könnte, hatte der Wirtschaftsminister erklärt. Und: Der Gedanke an einen Euro-Austritt der Griechen habe für ihn "seinen Schrecken verloren".Die Reaktionen in der FDP reichen bis zum Vorwurf der "Unprofessionalität".
Einen Euro-Austritt Griechenlands hatten zuvor bereits CSU-Politiker gefordert. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte im Interview mit SPIEGEL ONLINE Griechenland fehle offensichtlich die Kraft, seine Reformen innerhalb des Euro-Systems durchzusetzen. "Also sollte es eine Chance außerhalb der Euro-Zone bekommen. Die EU kann den Griechen auch ohne Euro Hilfestellung geben, mit einer späteren Wiedereintrittsperspektive in die Euro-Zone wäre das ein tragfähiges Angebot", so Dobrindt.
An diesem Dienstag trifft die sogenannte Troika in Griechenland zu weiteren Kontrollen der Reformauflagen ein. Die Experten von Weltwährungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission sollen überprüfen, wie weit das akut pleitebedrohte Land bei der Umsetzung gekommen ist. Klar ist aber schon jetzt, dass die Auflagen für weitere Auszahlungen aus den bestehenden Hilfspaketen nicht erfüllt sind. Griechenland hatte zuletzt um einen Aufschub der Spar- und Reformziele gebeten, die nicht bis 2014, sondern erst bis 2016 umgesetzt werden sollen.
Neben Griechenland sorgt auch die Situation in Spanien für große Sorge. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) trifft heute in Berlin mit dem spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos zusammen. Themen dürften die Milliarden-Hilfen für Spaniens marode Banken sowie die Auflagen der EU für diese Hilfen sein.