Koalitionsverhandlungen in Athen Nimm drei für Griechenland

Juniorpartner für Antonis Samaras: Evangelos Venizelos und Fotis Kouvelis im Parlament
Foto: STR/ AFPSie tragen alle rote T-Shirts, doch es sind keine Kommunisten oder andere Politikaktivisten: Am Dienstagabend gehört der Syntagma-Platz in Athen einem jungen Blasorchester aus der westgriechischen Stadt Agrinion. Man gibt swingende Melodien, die Zuschauer wippen mit. Viele dürften froh sein über diese Abwechslung.
Denn wochenlang beherrschten ein kontrovers geführter Wahlkampf und Sorgen vor einem Euro-Aus die Schlagzeilen in Griechenland. Nur zwei Tage nach der Parlamentswahl am Sonntag aber scheint nun eine neue Regierung unter Führung der konservativen Nea Dimokratia (ND) von Antonis Samaras zu stehen.
Ein abschließendes Treffen am Mittwochmittag steht zwar noch aus. Doch die Führer der sozialistischen Pasok und der gemäßigten Demokratischen Linken (Dimar), Evangelos Venizelos und Fotis Kouvelis, teilten ihren Parteien am Dienstagabend bereits mit, dass sie ein Bündnis mit der ND unterstützen werden. Dass beide bis zum späten Abend mit Samaras verhandelten, deutete daraufhin, dass sie tatsächlich eine schnelle Regierungsbildung anstreben.
Damit dürfte Antonis Samaras der nächste Premierminister von Griechenland werden, unterstützt durch eine stabile Mehrheit von 179 der 300 Parlamentsabgeordneten.
Stabilität wünschen sich nicht nur die Griechen, sondern auch ihre europäischen Partner. Bis August muss die nächste Tranche von Hilfszahlungen über 31 Milliarden Euro bewilligt werden. Schon Ende Juni steht zudem der mit Spannung erwartete nächste EU-Gipfel an. Vor diesem Hintergrund mahnte Pasok-Chef Venizelos erneut zur Eile. "Ich wiederhole, dass die Regierung so schnell wie mögilch gebildet werden muss." Auch Dimar-Chef Kouvelis signalisierte bereits am Dienstagmorgen die grundsätzliche Bereitschaft seiner Partei, sich an einer Koalition zu beteiligen.
Der frühere Finanzminister Venizelos präsentiert sich weiterhin als treibende Kraft der Koalitionsgespräche. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass er selbst parteiintern erhebliche Probleme hat. Auch am Dienstag meldeten sich Pasok-Mitglieder im Fernsehen kritisch zu Wort.
Die Sozialisten kritisierten die Personalpläne für die künftige Regierung: Offenbar wollen die Chefs von Pasok und Dimar keine eigenen Leute ins Kabinett entsenden, sondern die ihnen zustehenden Ministerposten mit parteilosen Experten besetzen. Eine solche Technokraten-Regierung lehnt ein Teil der Pasok jedoch ab. Die Partei müsse sich "mit ihrem bestmöglichen Potential beteiligen", sagte Ex-Minister Michalis Chrysochoidis dem TV-Sender Mega Channel.
Der Dimar scheint die begrenzte Beteiligung dagegen entgegenzukommen. "Wir werden der Regierung das Vertrauen aussprechen, aber wir werden uns nicht an ihr beteiligen", sagte Dimar-Chef Kouvelis laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Ana. Allerdings gab es innerhalb der Partei auch Widerstand gegen angebliche Ministerkandidaten der ND.
So soll Samaras unter anderem Adonis Georgiadis als Ressortchef vorgeschlagen haben, der früher Mitglied der nationalistischen Laos-Partei war. Dimar-Mitglied Nikos Mpistis sagte dem Radiosender Real FM, seine Partei wolle eine Koalition auch deshalb unterstützen, um Minister mit rechtslastiger Gesinnung zu verhindern.
Die Griechen scheinen jedoch trotz dieser Personalfragen, der weiterhin angespannten Lage in der Euro-Zone und der noch offenen Diskussion um eine Nachverhandlung der Sparpakete wieder etwas Vertrauen zu schöpfen. Im Vorfeld der Wahlen hatten sie aus Angst vor einem Austritt aus der Währungsunion täglich rund 800 Millionen Euro abgehoben. Nun begannen die Sparer laut einem Banker damit, einen Teil des Geldes wieder einzuzahlen. Allein bei seinem Institut seien 15 Millionen Euro eingegangen, sagte der Mann. "Die Blutung ist gestoppt."
In Griechenland kursiert jedoch noch eine andere Erklärung für die positive Entwicklung: Zur Parlamentswahl waren rund 720 ausländische Reporter im Land, viele von ihnen beschäftigten griechische Mitarbeiter. Die, so wird unter Journalisten gescherzt, hätten nun wohl einfach ihre Honorare auf die Bank gebracht.