TV-Auftritt des griechischen Premiers Tsipras wirft Gläubigern Rachsucht vor

TV-Auftritt des griechischen Premiers: Tsipras wirft Gläubigern Rachsucht vor
Foto: AFP PHOTO /HO/PRIME MINISTER OFFICE/ANDREA BONETTIDer griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat sich in einem Interview, das am Abend ausgestrahlt wurde, an das griechische Volk gewandt. Im staatlichen Fernsehen äußerte er sich zu dem in Brüssel vereinbarten Reform- und Sparprogramm und warf den internationalen Gläubigern Rachsucht vor.
Die Nacht des EU-Gipfels in Brüssel sei schlecht für Europa gewesen, sagte Tsipras. Die Vereinbarung sei auf Druck starker Staaten auf Griechenland zurückzuführen. Diese Art und Weise der Druckausübung "ehrt nicht die Tradition Europas", sagte Tsipras.
Dennoch sei für Griechenland auch Positives herausgekommen. Noch in diesem Jahr werde es Verhandlungen über die Umstrukturierung des Schuldenberges sowie ein Investitionsprogramm in Höhe von 35 Milliarden Euro geben. Diese Maßnahmen, wenn sie zustande kommen, könnten "einen Grexit endgültig abwenden und die Voraussetzungen für Wachstum" in Griechenland schaffen, sagte Tsipras.
Er stehe zu dem neuen Kreditprogramm und dessen harten Bedingungen: "Ich übernehme die Verantwortung für alle Fehler, die ich möglicherweise gemacht habe." Das Abkommen bezeichnete er als "einen Text, an den ich nicht glaube, aber den ich unterzeichnet habe, um ein Desaster für das Land zu vermeiden, den Kollaps der Banken", sagte Tsipras. Für Neuwahlen sehe er keinen Grund.
Das griechische Parlament soll am Mittwochnachmittag über ein erstes Bündel von Spar- und Reformmaßnahmen beraten. Die entscheidende Parlamentsabstimmung soll am Mittwoch kurz vor Mitternacht Ortszeit beginnen. Die namentliche Abstimmung könnte dann etwa eine Stunde dauern.
Eindringlich warb er für ein Ja des Parlaments zu den von den Gläubigern verlangten Reformen, vor allem auch an das linke Lager gerichtet. Es gebe einige, die sich über einen Sturz seiner Regierung freuen würden, sagte Tsipras.
In dem Interview sagt Tsipras aber auch, er schließe eine mögliche Regierungsumbildung nach dem Votum nicht aus. Er werde "alles tun", was in seiner Macht stehe, um "die Einheit der Partei zu garantieren", sagte der Syriza-Chef. Teile seiner eigenen Partei dürften bei der in der Nacht zu Donnerstag erwarteten Abstimmung mit Nein votieren.
Auch mögliche Neuwahlen deutete Tsipras an. Nach dem Ende dieses Verfahrens werde ich sehen, wie es weitergeht", sagte der Regierungschef. Er fügte hinzu: "Ich werde niemandem mit dem Messer am Hals drohen."
Das erste Gesetzespaket soll Maßnahmen hauptsächlich zur Anhebung von Mehrwertsteuern und zur Abschaffung von Frührenten, aber auch Steuererhöhungen für Freiberufler und Besitzer von Luxusvillen und teuren Autos beinhalten.
Tsipras kritisierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der einen Plan für das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro gehabt habe. Dies sei ihm aber nicht gelungen. "Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble", sagte er.
Der Eurogipfel hatte am Montagmorgen beschlossen, dass unter bestimmten Bedingungen Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Hilfspaket beginnen sollen. Eine davon ist die Billigung einer Reihe von Reformen und Sparmaßnahmen durch das Parlament in Athen.