Griechische Staatskrise Armdrücken im Präsidentenpalast

Griechische Staatskrise: Armdrücken im Präsidentenpalast
Foto: Vassilis Filis/ dpaHamburg/Athen - Die Gerüchte überschlagen sich an diesem Sonntag: Griechenlands Regierungschef Georgios Papandreou steht angeblich kurz vor dem Rücktritt, berichten mehrere Nachrichtenagenturen. Sogar sein eigener Regierungssprecher, Ilias Mosialos, wünschte sich, "dass wir morgen einen neuen Ministerpräsidenten und eine Einigung für die Übergangsregierung haben".
Kurze Zeit später widerrief er diese Äußerung - ein weiteres Zeichen für das inhaltslose Hin und Her der griechischen Politik in diesen Tagen. Tritt Papandreou zurück? Wird es eine neue Regierung geben? Steht das Land zu dem mit der EU ausgehandelten Sparprogramm? Keiner kann das zurzeit wissen.
Klar ist nur eins: Die politischen Eliten des Landes blockieren sich, es geht weder in die eine noch in die andere Richtung voran. Und das mitten in der Schuldenkrise, die das Land an den Abgrund und die Euro-Zone in die schwerste Krise ihrer Geschichte geführt hat.
Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber: Auf der einen Seite Papandreou und seine Minister, die ihm an diesem Sonntag offenbar ihre Loyalität versichert haben - jedenfalls forderte keiner aus den eigenen Reihen den Rücktritt des Regierungschefs. Auf der anderen Seite Antonis Samaras, der Chef der konservativen Oppositionspartei.
Spitzentreffen der drei mächtigsten Männer
Papandreou will eine Einheitsregierung mit den Konservativen und hat dabei die europäischen Partner auf seiner Seite - nur gemeinsam könne man die gewaltigen Probleme des Landes lösen. Samaras lehnt dies nicht grundsätzlich ab, verlangt aber vor der Bildung einer Großen Koalition den Rücktritt Papandreous. Auch an diesem Sonntag, direkt nach einem Gespräch mit Staatspräsident Karolos Papoulias, bekräftigte Samaras: Eine Einheitsregierung könne es nur ohne Papandreou geben.
Der wiederum erklärte, er müsse nicht unbedingt der neuen Regierung vorstehen. Beobachter werten dies jedoch keineswegs als Verzichtserklärung, vielmehr ist wohl auch diese Äußerung Teil des großen Machtpokers.
Ohnehin versucht Papandreou, die Debatte weg von der Personalfrage hin zu den Sachthemen zu lenken. In einer außerordentlichen Kabinettssitzung verteilte er am Sonntag an alle Minister einen Siebenpunkteplan, um die Sparvorgaben von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) umzusetzen.
Außerdem bat Papandreou den Staatspräsidenten, ihn und Oppositionsführer Samaras für Sonntagabend zu einem Gespräch einzuladen, was dieser auch tat. Samaras sagte, er werde zu dem Treffen kommen. Es soll gegen 19.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit im Amtssitz des Staatspräsidenten stattfinden.
Und so starren das griechische Volk, die europäischen Partner und die gesamte Finanzwelt gebannt nach Athen. Wird diese Nacht die Entscheidung bringen?
Die Antwort weiß wohl niemand. Dabei wäre Klarheit nötiger denn je: Im Dezember geht Griechenland endgültig das Geld aus. Zum ersten Mal in der Geschichte des Euro würde dann ein Mitgliedstaat der Währungsunion pleitegehen. Die Athener Regierungskrise ist längst nicht mehr der politische Streit eines kleinen Landes - sie ist eine Weltangelegenheit. Kurzfristig geht es um die große Verunsicherung an den Märkten und die Angst vor einem neuen Kurssturz. Langfristig geht es um nicht weniger als die Zukunft des Euro, der zweitwichtigsten Währung der Welt.