

Ed Miliband will jetzt ja nichts falsch machen - am Donnerstag stimmen die Briten ab: Wer wird der nächste Premier? Lange Zeit sah es so aus, als bliebe es der amtierende David Cameron. Doch der hat seinen Herausforderer offenbar unterschätzt. Die Sache wird knapp, in den Umfragen liefern sich Labour und Tories ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
"Lasst uns rausgehen und es einfach machen", ruft Miliband bei einer Wahlkampfrede - und klingt dabei ein bisschen wie US-Präsident Barack Obama mit seinem "Yes we can". Er steht wenige Tage vor der Parlamentswahl auf der Bühne des Almeida-Theaters in Islington. Es ist jener Londoner Stadtteil, in dem seine Vorgänger Tony Blair und Gordon Brown der Legende nach 1994 Deals über den Labour-Vorsitz geschmiedet haben sollen.
Der Auftritt ist für die Presse eine der wenigen Gelegenheiten, den Labour-Kandidaten live zu sehen. Zu groß ist offenbar die Angst im Ed-Lager, Fehler zu machen. Denn ein öffentlicher Fauxpas, ein grober Versprecher oder sonstiger Patzer, kann ihm wichtige Prozentpunkte im Kampf um den Einzug in die Downing Street Nr. 10 kosten. Als Miliband sich im vergangenen Jahr vor laufender Kamera an einem Sandwich verschluckte, sorgte die Szene für große Häme in den Medien.
Der 45-Jährige verspricht, als Premier werde er das lahmende Gesundheitssystem NHS wiederbeleben, gegen Steuerhinterziehungen und den Klimawandel kämpfen und sich für den Kohleausstieg einsetzen. Mit seiner linken Reformagenda präsentiert sich Miliband bewusst als sympathischer und kompetenter Gegenentwurf zum Konservativen Cameron, den viele Briten inzwischen für einen Lautsprecher ohne Substanz halten.
Außerdem setzt Miliband darauf, dass all jene zu ihm kommen, die unter der Cameron-Regierung wenig profitiert haben: Alte, Arme, Migranten, die klassische Arbeiterschaft, aber auch kleine Angestellte. Sie alle leiden unter hohen Mieten und einem schlechten Sozialsystem.
In der Flüchtlingspolitik will der Sohn eines polnischen Juden, der 1940 den Nazis nur knapp entkam, einen neuen, liberaleren Kurs einschlagen. Und das ist auch seine Botschaft an die Euroskeptiker rund um Cameron: Von Miliband gibt es ein klares Ja zu Europa.
Miliband wirkt siegesgewiss, im Wahlkampf hat er an Profil gewonnen. Von dem linkischen Unscheinbaren mit der hohen Fistelstimme, als der er zuvor von den Briten verspottet wurde, ist nicht mehr viel übrig.
Insgesamt präsentiert sich Miliband im Wahlkampf souveräner, als von Beobachtern erwartet: Dem gefürchteten Anchorman Jeremy Paxmann sagte er im TV-Interview: "Hell yes, I am tough enough!" (auf Deutsch: "Zum Teufel, klar bin ich hart genug!") Sogar aus einem TV-Auftritt mit dem Star der Konservativen, Boris Johnson, ging er als schlagkräftiger Sieger hervor.
Und auch wenn Miliband die sozialen Netzwerke bei Weitem nicht so effizient für seine Kampagne nutzt wie Obama, so bringt ihm sein Wahlkampf auch eine Fangemeinde auf Twitter. Unter dem Hashtag #Milifandom postete zuerst eine 17-Jährige über ihre Bewunderung für den Labour-Kandidaten, anschließend montiertem ihm Tausende auf Bildern Blumenkränze aufs Haar und sprachen ihm Mut zu. Sonst gelten solche Flausch-Attacken Teenager-Idolen wie Justin Bieber.
Von David Camerons Tories wurde Miliband als "ihr bester Wahlkämpfer" verspottet. Und tatsächlich lag der amtierende Premier in Umfragen lange vor seinem Herausforderer. Doch sollte der Labour-Kandidat am Donnerstag punkten - es wäre nicht das erste Mal, dass er in einem wichtigen Duell überrascht: Im Rennen um den Posten des Parteivorsitzenden setzte er sich 2010 gegen seinen älteren Bruder David durch.
Durch das Oxford-Studium der Philosophie, Politik und Wirtschaft gleich qualifiziert, traten die Brüder um den Posten gegeneinander an. Zwar war David als ehemaliger Umweltminister unter Tony Blair und als Ex-Außenminister unter Gordon Brown erfahrener als sein kleiner Bruder. Ed schaffte es jedoch, die Stimmen der Gewerkschaften zu gewinnen - und siegte, wenn auch knapp.
Er musste sich danach erst mal Respekt in den eigenen Reihen verschaffen. Auf Parteitagen präsentierte "Red Ed" sich als linker Sozialdemokrat. Sein Vater Ralph Miliband war ein berühmter Politologe und Marxist. Ein Arbeiterkind ist Ed Miliband dennoch nicht, er wuchs vielmehr in dem schicken Hauptstadtviertel Primrose Hill auf.
Zeit für einen höflichen Smalltalk hat Miliband an diesem Nachmittag jedoch nicht mehr. Nachfragen von Journalisten lächelt er weg. Mehr als ein "Thank you all" hören sie von ihm nicht. Dann rauscht er ab.
Zusammengefasst: Labour-Kandidat Ed Miliband wurde unterschätzt. Doch der Herausforderer punktet mit Plänen fürs Gesundheitssystem NHS, die Flüchtlingspolitik und seinem Ja zu Europa. Seine vorsichtige Wahlkampfstrategie scheint aufzugehen: In Beliebtheitsumfragen hat Miliband aufgeholt, auch die Parteien liegen gleichauf.
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Überraschend aufgeholt: Der Spitzenkandidat der sozialdemokratischen Labour-Partei, Ed Miliband, rückt in den Umfragen immer näher an den amtierenden Premierminister David Cameron heran. In den Umfragen vor der Parlamentswahl in Großbritannien liefern sich Labour und Tories ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Miliband stand lange Zeit nicht besonders gut da: Der 45-Jährige galt lange als schlecht am Rednerpult, unbeliebt bei den Wählern und ungeeignet als Premierminister.
Von David Camerons Tories wurde Miliband als "ihr bester Wahlkämpfer" verspottet. Lange lag der amtierende Premier weit vor seinem Herausforderer.
Im Wahlkampf präsentierte sich Miliband souveräner als erwartet. Und in den sozialen Netzwerken scharrte er eine Fangemeinde um sich. Jugendliche posten auf Twitter unter dem Hashtag #Milifandom über ihre Bewunderung für den Labour-Kandidaten.
Auch in den eigenen Reihen musste er sich erstmal Respekt verschaffen. Auf Parteitagen präsentierte sich "Red Ed" als linker Sozialdemokrat.
"Lasst uns rausgehen und einfach machen", ruft Miliband bei einer Wahlkampfrede. Vielleicht wird er am Donnerstag alle überraschen.
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