Großbritannien Millionenverschwendung bei Chinook-Hubschraubern
Hamburg - Sie stehen in einem trockenen, klimatisierten Schutzraum im Südwesten Englands, genauer: in Boscombe Down, Grafschaft Wiltshire: Acht Chinook-Hubschrauber, die das britische Verteidigungsministerium im Jahr 2001 von Boeing gekauft hat. Die Helikopter sollten für Sondereinsätze in Afghanistan genutzt werden und kosteten insgesamt 259 Millionen Pfund. Geflogen wurden die Helikopter wegen technischer Probleme allerdings bislang noch nie.
Die Angelegenheit ist längst ein Fall für den britischen Rechnungshof, das National Audit Office, ein erster Bericht erschien bereits 2004. Laut "Times Online" kommt ein Kontrollausschuss des Parlaments zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Geschäft mit den Chinooks um eine der "inkompetentesten Beschaffungen aller Zeiten" handele.
Einem Bericht des Rechnungshofes zufolge beziffern sich die Kosten für Erwerb und Wartung der Hubschrauber inzwischen auf mehr als 500 Millionen Pfund.
Die Probleme begannen bereits kurz nach der Lieferung durch den US-Flugzeugbauer Boeing an das britische Militär: Das Verteidigungsministerium stellte fest, dass der Vertrag keinen Passus enthielt, der der Royal Air Force Zugang zu den Quellcodes der hochkomplexen Software der Spezial-Hubschrauber einräumte - beim Vertragsabschluss hatte das Verteidigungsministerium darauf verzichtet.
Boeing wiederum wollte die Codes nachträglich nicht aushändigen, weil das Ministerium bei den Vertragsgesprächen auf einen entsprechenden Passus verzichtet hatte. Ohne die Codes konnten Experten der Royal Air Force aber nicht feststellen, ob die Hubschrauber den strengen britischen Kriterien der Flugtauglichkeit entsprechen.
Daraufhin entschied die Royal Air Force, dass die Chinooks ausschließlich bei klarer Sicht und wolkenlosem Himmel eingesetzt werden durften. Zusätzliche Bedingung: Die Piloten sollten in einer Höhe von mindestens 500 Fuß operieren - denkbar ungünstige Anforderungen für Hubschrauber, mit denen eigentlich Spezialkräfte auch nachts und bei allen denkbaren Wetterlagen unterwegs sein sollten.
Die Hubschrauber blieben am Boden. "Times Online" zufolge werden sie seit 2001 einmal pro Woche kontrolliert, alle zwei Jahre wurden sie für aufwendigere Checks aus den Hangars gebracht. Außerdem verhandelte das Verteidigungsministerium mit Boeing darüber, die Chinooks aufzurüsten, es sollten Änderungen am Cockpit vorgenommen werden - für weitere 215 Millionen Pfund. Die Planungen und Gespräche dauerten rund zweieinhalb Jahre.
Aber die Pläne wurden fallengelassen, als Großbritannien 2006 sein Truppenkontingent in Afghanistan aufstockte und mehr herkömmliche Transporthubschrauber benötigte - das Verteidigungsministerium beschloss, die Spezial-Chinooks in normale Transporthubschrauber umzuwandeln, was noch einmal mit 90 Millionen Pfund zu Buche schlug. Der erste der acht umgerüsteten Chinooks soll nun erstmals im nächsten Jahr zum Einsatz kommen.
Nick Harvey von den Liberal-Demokraten bezeichnete das Chinook-Geschäft als einen Fall von "schlechter Planung und krasser Verschwendung von Steuergeld".
hen