Befürworter Boris Johnson
Großbritannien prüft Tunnelbau nach Nordirland
Der Ärger über die Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs ist gewaltig. Jetzt erwägt Großbritannien eine Verbindung mittels Unterwasserröhre.
Fährhafen im nordirischen Larne: Zukünftig Tunneleingangsstadt?
Foto: Peter Morrison / dpa
Milliardenschwere Pläne für den Bau eines Tunnels zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs werden Medienberichten zufolge konkreter. Entsprechende Vorschläge der Bahnindustrie würden derzeit geprüft, berichteten die Zeitungen »Sunday Times« und »Sunday Telegraph«. Demnach soll die gut 40 Kilometer lange Unterwasserröhre zwischen dem schottischen Stranraer und dem nordirischen Larne entstehen – die beiden Orte sind bereits mit einer Fähre verbunden.
Premierminister Boris Johnson ist den Medienberichten zufolge ein großer Befürworter des Projekts. Die Fahrzeit von London in die nordirische Hauptstadt Belfast soll sich den Plänen zufolge dann deutlich verkürzen und nur noch etwa vier Stunden dauern. Die Verbindung würde Nordirland zudem enger an den Rest des Landes binden – gerade angesichts des Brexits ein wesentlicher Punkt für Johnson. Weil Nordirland infolge einer komplizierten Regelung seit dem Brexit weiter zur EU-Zollunion gehört, ist zwischen der Region und Großbritannien eine Zollgrenze in der Irischen See entstanden, die für Lieferprobleme sorgt. Der Ärger in Nordirland über Johnson ist gewaltig.
Gedankenspiele über eine Verkehrsverbindung zwischen Großbritannien und der irischen Insel gibt es seit mehr als 100 Jahren. Selten waren sie aber weit fortgeschritten. Der Bau einer Brücke gilt auch wegen oft starker Winde in der Irischen See als nicht realisierbar, anders als ein Tunnel.
Schottland-Minister Alister Jack hatte vor knapp einem Jahr gesagt, die Röhre könne bis 2030 fertiggestellt sein. Als Vorbild soll der Eurotunnel dienen, der Großbritannien seit 1994 mit dem Kontinent verbindet.
Tunnelröhre des 50 Kilometer langen Eurotunnels zwischen England und dem Kontinent
Foto: David Sailors / Getty Images
Politischer Gegenwind kommt laut »Sunday Times« allerdings vom Industrieverband CBI: Das Projekt bedeute eine »potenziell teure und ineffiziente Nutzung knapper öffentlicher Ressourcen«. Experten schätzen Medienberichten zufolge, dass der Bau des Tunnels bis zu zehn Milliarden Pfund kosten könnte.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes haben wir Nordirland als Provinz bezeichnet. Nordirland ist jedoch ein Land und Teil des Vereinigten Königreichs und Nordirland. Wir haben die Stellen angepasst.