Großbritannien
Regierung droht Militär Schrumpfkur an
Dem britischen Militär könnte ein radikaler Umbau bevorstehen: In einem Strategiepapier zur künftigen Verteidigungspolitik kritisiert die Regierung den aufgeblähten Personalapparat und Kompetenzgerangel. Die Zahl der Top-Positionen soll kräftig zusammengekürzt werden.
Britisches U-Boot: Bei den Streitkräften in Großbritannien soll gespart werden
Foto: David Moir/ REUTERS
London - Das Urteil über die bisherige Militärstrategie fällt in der Analyse verheerend aus: Großbritannien könne sich seine laufenden Operationen und Anschaffungspläne schlicht nicht mehr leisten und stehe vor "harten Entscheidungen", deutet die britische Tageszeitung "Daily Telegraph" das am Donnerstag veröffentlichte Grünbuch. Bei militärischen Operationen müsse Großbritannien deshalb in Zukunft mehr mit Verbündeten wie Frankreich und den USA zusammenarbeiten.
Im Auftrag der Regierung wurden in dem Papier Struktur und Ausstattung der Streitkräfte unter die Lupe genommen. Kritisiert wird vor allem der große Personalapparat. Das Verteidigungsministerium prüft nun, ob die Zahl an zivilem und militärischem Personal gerechtfertigt ist. Einschnitte seien begründet, zitierte die Zeitung aus Regierungskreisen.
In den vergangenen Jahren stieg demnach die Zahl der Spitzenleute, obwohl die Zahl der Front-Streitkräfte sank.
Es gebe 47 Offiziere mit Drei-Sterne-Rang, deren Sold sich auf insgesamt 7,8 Millionen Euro (6,8 Millionen Pfund) belaufe.
Laut einer 2008 erschienenen Studie hat die britische Marine mehr Admirale als Kriegsschiffe.
Obwohl das Verteidigungsbudget gekürzt wurde, gab es mehr neue Sterne-Generäle.
Die hohe Zahl der Leute wirke bei Entscheidungen blockierend, zitierte die Zeitung "Guardian" ein hochrangiges Militärmitglied. Der Chef des Verteidigungsstabs, Jock Stirrup, brachte auch eine Zusammenlegung der Kommandostrukturen ins Gespräch. Denn das Grünbuch rügt den Tunnelblick bei den drei Teilen der Streitkräfte. Den Verantwortlichen bei Marine, Armee und Luftwaffe wird vorgeworfen, die Gesamtstrategie durch ihre jeweiligen Einzelinteressen zu untergraben. So hat Armeechef David Richards bereits mehr Mittel für seine Bodentruppen verlangt, zugleich betonte sein Admirals-Kollege Mark Stanhope von der Royal Navy die Bedeutung der Marine.
Auch das Grünbuch empfehle Lösungen gegen solche Art des Kompetenzgerangels, hieß es in den Berichten. So solle ein neuer Spitzenposten geschaffen werden, der gewährleistet, dass ein Offizier die Operationen von Marine, Armee und Luftwaffe überwacht und direkten Kontakt zur Regierung pflegt.
Verteidigungsminister Bob Ainsworth geht eine Zusammenlegung der Teilstreitkräfte zu weit. Das könne zwar diskutiert werden, sagte er. Eine so radikale Lösung würden aber weder die Regierung noch die Opposition anstreben.
In Großbritannien stehen in diesem Jahr Parlamentswahlen an. Auch bei einem Regierungswechsel muss sich das Militär auf Veränderungen einstellen. Denn sowohl die regierende Labour-Partei als auch die konservative Opposition haben eine Überprüfung der Verteidigungsstrategie angekündigt. Liam Fox, der im Falle eines Wahlsiegs der Konservativen als Anwärter für das Verteidigungsministerium gilt, erklärte bereits, es stelle sich die Frage, ob es beim Militär ein Übermaß an Spitzenposten gebe.