

Ihr Amt als Tory-Parteichefin hat Theresa May bereits abgegeben, bis Ende Juli will sie auch als Premierministerin abtreten. Nicht viel Zeit für ihre möglichen Nachfolger, um sich zu positionieren. Die britischen Konservativen pflegen einen offenen aber eben auch intensiven Kampf um die Macht in den eigenen Reihen.
Jetzt steht fest: Zehn britische Politikerinnen und Politiker kandidieren für Mays Posten an der Parteispitze - und damit auch für das Amt des Regierungschefs. Sie alle gaben bis Montagabend ihre Bewerbung ab und konnten zugleich die erforderliche Zahl von mindestens acht Unterstützern aus der Tory-Fraktion im Unterhaus vorweisen.
In den kommenden Wochen wählen die Abgeordneten der Konservativen in mehreren Abstimmungsrunden zwei Kandidaten aus. Los geht es an diesem Donnerstag. Später soll die Basis über den endgültigen Gewinner entscheiden. Bei der vergangenen Wahl kam es jedoch gar nicht soweit. Noch vor der Urwahl stand 2016 Theresa May als Siegerin fest. Ihre letzte verbliebene Kontrahentin Andrea Leadsom hatte vorzeitig zurückgezogen. Nun tritt sie erneut an.
Unter den Kandidaten finden sich moderate Vermittler, die für einen möglichst sanften EU-Austritt plädieren, aber auch Befürworter eines harten Brexits. Als Topfavorit gilt Ex-Außenminister Boris Johnson. Der Hardliner ist besonders an der Basis beliebt, innerhalb der Fraktion jedoch sehr umstritten.
Der einzige Kandidat, der ein zweites Brexit-Referendum forderte, ist hingegen nicht mehr im Rennen. Sam Gyimah gestand am Montag, er habe nicht genügend Unterstützer hinter sich versammeln können.
Wer erhebt Ansprüche auf das Amt des Premierministers? Der Überblick:
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Unter Tränen hatte die britische Premierministerin Theresa May ihren Rückzug aus der Spitzenpolitik ihres Landes angekündigt. Kurz darauf trat sie als Parteichefin zurück. Damit endet in Kürze auch ihre Amtszeit als Regierungschefin - sobald ein Nachfolger feststeht.
Der Machtkampf bei den britischen Tories ist nun offiziell eröffnet. Ex-Außenminister Boris Johnson gilt als Topfavorit - trotz aller Skandale und Peinlichkeiten in der Vergangenheit. Johnson gehört zum Lager der Brexit-Hardliner. Seine Kampagne startete er mit der Forderung nach Steuererleichterungen für Wohlhabende. In der Fraktion hat er bislang die meisten Unterstützer - allerdings auch viele Gegner.
Auch Außenminister Jeremy Hunt kandidiert. Er gilt als Vermittler, hat sowohl ins Lager der Brexit-Hardliner als auch zu den moderaten Tories Kontakte. So konnte sich Hunt nun die Unterstützung von Verteidigungsministerin Penny Mordaunt sichern, einer scharfen EU-Kritikerin, die lange selbst als Kandidatin gehandelt worden war. Zugleich stellte sich die europafreundliche Arbeitsministerin Amber Rudd hinter ihn. Hunt ist neben Johnson bislang der aussichtsreiche Bewerber.
Esther McVey gehörte zu den Ersten, die sich offiziell um die May-Nachfolge bewarben: Die ehemalige Arbeitsministerin erklärte unmittelbar nach ihrer Kandidatur, dass sie den Brexit am 31. Oktober garantieren würde - zur Not auch ohne Deal mit der EU. Zuletzt trat sie mit besonders scharfen Worten an die Öffentlichkeit: Als Premierministerin werde sie einen harten Brexit durchsetzen, indem sie das Parlament einfach nicht mehr darüber abstimmen lassen werde.
Innenminister Sajid Javid zählte längere Zeit zum engeren Favoritenkreis für den Tory-Chefposten. Doch Kritik an seiner Politik ließen seine Chancen im Machtkampf sinken. Doch entschieden ist natürlich noch lange nichts. Mit der Unterstützung durch die schottische Tory-Chefin Ruth Davidson sicherte sich Javid jüngst einen Achtungserfolg.
Auch der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab hat sich offiziell um die May-Nachfolge beworben. Er steht für einen scharfen Brexit-Kurs. Einen Austritt ohne Abkommen hält er für "vertretbar".
Sie war 2016 Mays letzte verbliebene Gegenkandidatin: Jetzt will es Andrea Leadsom erneut versuchen. Ende Mai trat sie aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs aus dem Kabinett zurück - und trug dazu bei, den Druck auf die Premierministerin noch einmal zu erhöhen.
Mit 40 Jahren ist er der jüngste unter den gehandelten Kandidaten: Gesundheitsminister Matt Hancock gilt als moderat. Ein Brexit-Fan ist er sicher nicht - auch wenn er den Austritt trotzdem umsetzen will. Er selbst sagt, er stehe für einen Neustart.
2016 fiel er seinem Weggefährten Boris Johnson in den Rücken und verhinderte dessen Kandidatur - seither hat Michael Gove einen schweren Stand bei den Tories. Als Umweltminister präsentierte er sich deshalb besonders loyal und konnte so etwas an Ansehen zurückgewinnen. Allerdings brachte ihn zuletzt sein Kokain-Geständnis in die Bredouille. Am Tag der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur bemühte sich Gove, erneut in die Offensive zu gelangen - mit scharfen Attacken gegen Johnson. Einst Brexit-Hardliner steht Gove mittlerweile für einen moderaten Kurs.
Rory Stewart folgte auf Penny Mordaunt als Entwicklungshilfeminister. Stewart hat schon vor Mays Abschiedserklärung seine Ambitionen bekannt gegeben. Doch der Proeuropäer bleibt Außenseiter.
Noch 2016 sprach Mark Harper sich gegen den Brexit aus - mittlerweile befürwortet er den Austritt Großbritanniens aus der EU. Sein Ziel ist ein geregeltes Abkommen, notfalls ist für ihn jedoch auch der "No Deal" eine Option. Harper trat 2014 als Minister für Einwanderung zurück, nachdem bekannt geworden war, dass er in seiner Londoner Wohnung eine immigrierte Putzkraft ohne gültige Arbeitserlaubnis beschäftigt hatte.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden