Wahl-Triumph
Johnson kündigt Siegerrunde in Nordengland an
Die "Rote Mauer" ist gefallen: In Nordengland jagten die britischen Konservativen der Labour-Partei ihre Hochburgen ab. Premier Johnson will sich bedanken. Das widerspenstige Schottland lässt er vorerst links liegen.
Wahlsieger Boris Johnson am Freitag vor dem Amtssitz des Premiers in Downing Street 10
Foto: Steve Taylor/ DPA
Für Großbritanniens Konservative war das Ergebnis der Parlamentswahl am Donnerstag ein Erdrutschsieg und ihr bestes Resultat seit 1987: Dutzendfach jagten die Tories der Labour-Partei und den Liberalen Sitze ab.
Vor allem stürzten die Tories die sogenannte Red Wall, also die Kreise, die bislang fest in der Hand von Labour waren (Details in der Wahlgrafik).
In diesen Wahlbezirken will Johnson nun, so versprach er es, noch am Wochenende eine Art Siegerrunde drehen.
Etwas weiter nördlich fangen allerdings Johnsons Probleme an: In Schottland verloren die Tories mehrere Mandate. Sechs Wahlkreise nördlich der Grenze fielen an die Scottish National Party (SNP).
Entsprechend beherzt trat Parteichefin Nicola Sturgeon auf: Sie habe nun ein "erneuertes und gestärktes Mandat", um ein neuerliches Unabhängigkeitsvotum abzuhalten, nachdem ihre Regionalpartei 48 der 59 schottischen Parlamentssitze gewonnen hatte, 13 mehr als 2017.
Bereits in der Nacht zu Freitag hatte sie zudem erklärt: "Boris Johnson hat erstens kein Recht, Schottland aus der EU zu nehmen und zweitens kein Recht zu verhindern, dass das schottische Volk über seine eigene Zukunft bestimmt." Das schottische Parlament werde bald Details dazu vorlegen, wie ein erneutes Referendum rechtssicher kommen könne.
Wahlgewinner Johnson versprach jedoch am Freitag, weiter die Einheit von Großbritannien zu schützen. Ein neues Unabhängigkeitsreferendum für die Schotten schloss er aus. Der Premier sei weiterhin dagegen, und das sähen auch die Schotten so, teilte ein Regierungssprecher am Freitagabend mit.
2014 hatten die Schotten in einem ersten Unabhängigkeitsvotum mit 55 zu 45 Prozent gegen eine Loslösung vom Vereinigten Königreich votiert. Das Ergebnis sei "entscheidend und sollte respektiert werden", hieß es aus Downing Street 10.
Seither hat sich allerdings viel getan. Beim Brexit-Referendum 2016 befürwortete eine deutliche Mehrheit der Schotten den Verbleib in der EU. An diesem Stimmungsbild hat sich nichts geändert, ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum könnte angesichts des bevorstehenden Brexits also bessere Erfolgsaussichten haben.
Sturgeon muss für ein Unabhängigkeitsreferendum den sogenannten Article 30 des Schottland-Acts nutzen, um es rechtlich bindend abhalten zu können. Die Befugnis müsste allerdings das Parlament in London auf das Regionalparlament übertragen. Beflügelt vom Erfolg sagte Sturgeon dennoch: "Es ist die Sache des schottischen Parlaments, nicht einer Regierung in Westminster, zu sagen, ob und wann es ein neues Referendum geben sollte." Als Führer einer in Schottland geschlagenen Partei habe Johnson nicht das Recht, sich in den Weg zu stellen.