Hamburger Terrorzelle Pass von 9/11-Helfer in Pakistan aufgetaucht

Said Bahaji gilt als einer der wichtigsten Mitverschwörer der Attentäter vom 11. September 2001. Jetzt hat die pakistanische Armee bei ihrer Militäroffensive in Waziristan seinen deutschen Reisepass entdeckt - nach seiner Flucht aus Hamburg zog Bahaji in den Kampf.
Terrorhelfer Said Bahaji (Fahndungsbilder): Abgetaucht im Kampfgebiet

Terrorhelfer Said Bahaji (Fahndungsbilder): Abgetaucht im Kampfgebiet

Foto: A3386 Uli Deck/ dpa

Berlin - Das Bild von Said Bahaji, einem jungen Mann mit einem freundlichen Grinsen, hängt bis heute an vielen deutschen Flughäfen und anderen Grenzposten der Bundesrepublik. Dringend bittet das Bundeskriminalamt (BKA) auf rot gerahmten Plakaten um Hinweise zu dem Verdächtigen, der "wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, des mehrtausendfachen Mordes und anderer schwerer Straftaten" gesucht wird.

Nun ist seit Jahren die erste Spur von Said Bahaji aufgetaucht. Bei einer von der Armee organisierten Fahrt ins Kampfgebiet von Südwaziristan zeigten pakistanische Soldaten kürzlich Journalisten den deutschen Pass von Said Bahaji, den sie laut eigenen Angaben in einem der Häuser von Extremisten gefunden haben. Fernsehbildern zufolge enthält der Pass einen Einreisestempel vom 4. September 2001, also eine Woche vor den Anschlägen vom 11. September. Die pakistanische Armee rückt nach eigenen Angaben in diesen Tagen immer weiter in das Rückzugsgebiet von Taliban und al-Qaida vor.

Die Fakten, über die das pakistanische Fernsehen berichtete, decken sich mit den Erkenntnissen der deutschen Sicherheitsbehörden. Demnach setzte sich Bahaji genau acht Tage vor den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 aus Hamburg ab, stieg in eine Maschine der Turkish Airlines und flog über Istanbul nach Karatschi in Pakistan. Demnach scheint es sich bei dem Pass tatsächlich um das Reisedokument eines der meistgesuchten Männer der Welt handeln - einem Mittäter an den folgenschwersten Terroranschlägen, die es je gab.

"Der Terrorlogistiker"

Dass sich Bahaji in Pakistan aufhält, ist für die Terrorfahnder allerdings keine neue Erkenntnis. In den Jahren nach seiner Flucht aus Hamburg schickte er mehrfach E-Mails an seine Frau, die in Deutschland lebt. Immer wieder bekamen die Ermittler vom BKA dadurch Hinweise, in manchen Fällen konnten sie sogar das Internetcafé lokalisieren, von dem aus Bahaji seine teils sehr sentimentalen Nachrichten abgesetzt hatte.

Eine echte Spur jedoch fanden sie über die Jahre nicht, trotzdem sind noch immer Zielfahnder auf den heute 34-Jährigen Mann angesetzt. Ihn zu finden, ist immer noch das erklärte Ziel des BKA.

Bahaji gilt als Helfer der Männer um Mohammed Atta, der sogenannten Hamburger Todespiloten, die am 11. September mindestens zwei der vier Flugzeuge steuerten. Bahaji war, da sind sich die Ermittler sicher, an dem Plot maßgeblich beteiligt, die Fahnder nennen ihn "den Terrorlogistiker". Er kümmerte sich bei den Anschlagsvorbereitungen um technische Details, meldete die jungen Männer bei den Ämtern ab und wieder an, besorgte Telefonanschlüsse und Internetverbindungen. Dass er von den tödlichen Plänen dabei nichts wusste, gilt vor allem wegen seiner Flucht vor den Anschlägen als ausgeschlossen.

Die Ermittler halten Bahaji, der mit den späteren Attentätern zeitweise in einer WG wohnte, für einen Mitverschwörer. Seine Hochzeitsfeier im Jahr 1999 diente als Treffpunkt für die Mitverschwörer, das Videoband und die Reden bei der islamischen Feier wurden zu wichtigen Dokumenten der 9/11-Ermittlungen.

Was die deutschen Fahnder durch den Passfund an Neuem erfahren können, ist schwer abzusehen. Aus abgefangener Kommunikation wussten sie seit Jahren, dass sich Bahaji dem bewaffneten Kampf in der Grenzregion zu Afghanistan angeschlossen hatte. Beim Einmarsch der Amerikaner soll er am Bein verwundet worden sein, die Wunde behandelte er Berichten zufolge mit Honig.

Auch einen Kampfnamen hatte der Sohn einer deutschen Mutter und eines marokkanischen Vaters sich zugelegt: Abu Zuhair.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten