Handelsstreit mit China Trumps "großartiger Deal" ist gar kein Sieg

Donald Trump zeigt einen Brief von Chinas Präsident Xi Jinping
Foto: NICHOLAS KAMM/ AFPEs klang fast so, als würde Xi Jinping im Handelskrieg vor Donald Trump einen Kotau machen. "Mr. President, ich messe Ihren Sorgen mit Hinsicht auf Agrarprodukte große Bedeutung bei", steht in einem Brief , den Chinas Staats- und Parteichef vor den jüngsten Verhandlungen nach Washington geschickt hatte. "Vor kurzem haben die involvierten chinesischen Unternehmen ihre Einkäufe amerikanischer Agrarprodukte beschleunigt, darunter Sojabohnen und Schweinefleisch."
Bis zu 50 Milliarden Dollar pro Jahr würden die Chinesen dafür künftig in die Hand nehmen, jubelte Trump, nachdem sich beide Seiten am Freitag auf eine Pause im Handelskrieg geeinigt hatten.
Schon zum Auftakt der Gesprächsrunde hatte das US-Landwirtschaftsministerium verkündet, China habe netto 142.172 Tonnen Schweinefleisch aus den USA importiert, und zwar allein in der vorausgegangenen Woche. Das war ein Rekord. Trump braucht solche Erfolgsmeldungen dringend, um vor der Wahl 2020 die gebeutelten US-Farmer zu entlasten.
The deal I just made with China is, by far, the greatest and biggest deal ever made for our Great Patriot Farmers in the history of our Country. In fact, there is a question as to whether or not this much product can be produced? Our farmers will figure it out. Thank you China!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 12, 2019
Beugt sich China also Trumps Willen? Zumindest, was die Schweinefleisch-Importe angeht, wäre das eine Fehlinterpretation. Vielmehr verkaufen die Chinesen es geschickt als Zugeständnis, dass sie ihre eigenen Interessen verfolgen.
Schweinefleisch ist ein fester Bestandteil der chinesischen Küche und gilt dort praktisch als Grundnahrungsmittel. Fast jedes zweite Schwein, das weltweit für den Verzehr gezüchtet wird, steht in einem Stall in China. Das galt zumindest bis August 2018. Da bestätigte das chinesische Landwirtschaftsministerium, dass in der nordöstlichen Provinz Liaoning die Afrikanische Schweinepest ausgebrochen war.
Dabei handelt es sich um eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die derzeit in vielen Ländern grassiert und Haus- wie Wildschweine gleichermaßen befällt. Fast alle erkrankten Tiere sterben daran, einen wirksamen Impfstoff gibt es nicht.
Mehr als eine Million Schweine notgeschlachtet
In Europa haben schon zehn Länder Fälle gemeldet, Deutschland ist bislang verschont geblieben. Das bisher ebenfalls nicht betroffene Nachbarland Dänemark mit seinen zahlreichen Zuchtbetrieben ist dennoch so alarmiert, dass es einen anderthalb Meter hohen Zaun an der deutschen Grenze errichtet, um wandernde Wildschweine fernzuhalten.
In China ist die Lage ungleich ernster. Seit August 2018 hat die Seuche 32 von Chinas 34 Provinzen, Regionen und regierungsunmittelbaren Städten erreicht. Die Behörden lassen wenig unversucht: Weil das Virus sich unter anderem durch Kontakt und kontaminiertes Futter verbreitet, dürfen Schweine nun nicht mehr über Provinzgrenzen transportiert oder mit Küchenabfällen gefüttert werden.
Schlachthäuser, in denen infizierte Tiere entdeckt werden, müssen dichtmachen. Bis Anfang Oktober 2019 wurden fast 1,2 Millionen Schweine notgeschlachtet. Dennoch bekommt China die Situation nicht in den Griff.
Weil zudem viele chinesische Züchter auch ihre gesunden Tiere schnell schlachten, bevor die Seuche ihre Betriebe erreicht, ist Chinas Schweinepopulation Medienberichten zufolge bereits um zwei Fünftel bis zur Hälfte dezimiert.
Die wirtschaftlichen und sozialen Kosten sind erheblich. Viele Züchter stehen vor dem Nichts. Etwa ein Drittel des chinesischen Schweinefleischs wird von Kleinbauern produziert; laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nation (FAO) halten 130 Millionen chinesische Haushalte Schweine.
Schweine in Eisbärengröße
Und natürlich leiden auch die Konsumenten: In normalen Zeiten ist Schweinefleisch - als vergleichsweise billiges Lebensmittel - auch für weniger wohlhabende Chinesen erschwinglich. Doch im September 2019 kostete es laut offiziellen chinesischen Daten rund 50 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
China gibt sich alle Mühe, die Knappheit zu lindern. Die Regierung wirft ihre strategischen Reserven gefrorenen Schweinefleischs auf den Markt. Zusammen mit den überstürzten Schlachtungen auch des gesunden Bestands dürfte das allerdings dazu führen, dass die im Inland verfügbare Gesamtmenge in naher Zukunft noch weiter sinkt.
Auch wenn es Bauern in Südchina mittlerweile offenbar gelungen ist, Schweine in der Größe ausgewachsener Eisbären zu züchten - an erhöhten Importen geht kaum ein Weg vorbei. Davon wird nun der drittgrößte Produzent der Welt profitieren, die USA. Aber zweifelsohne auch der zweitgrößte, nämlich die EU.
Vor diesem Hintergrund wirkt Trumps Deal gleich ein bisschen weniger beeindruckend.
Anmerkung: In einer früheren Version des Textes hieß es, dass in Deutschland Einzelfälle der Afrikanischen Schweinepest aufgetreten sind. Korrekt ist, dass es in Deutschland zwar Fälle von Schweinepest gegeben hat, nicht aber von Afrikanischer Schweinepest.