Reaktionen auf Abstimmung in London
"Ein harter Brexit wird fast unausweichlich"
Das britische Parlament hat sich im Streit über den EU-Austritt wieder nicht einigen können. Ein Tory-Abgeordneter trat umgehend aus seiner Partei aus. Und der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments warnt vor dem "Abgrund".
Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt
Foto: PATRICK SEEGER/EPA-EFE/REX
Es hat schon wieder nicht geklappt: Das britische Parlament stimmte am Montagabend erneut über mögliche Alternativen zu dem Brexit-Deal ab, den Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelt hatte. Doch die Abgeordneten lehnten alle vier zur Abstimmung stehenden Vorschläge ab - die Suche nach einem Ausweg aus dem Dilemma um den EU-Austritt wird damit weitergehen.
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Viele britische Abgeordnete waren nach Bekanntgabe des Ergebnisses völlig frustriert. Nick Boles, der einen der Alternativvorschläge eingebracht hatte, trat unter Tränen umgehend aus der regierenden Konservativen Partei aus. "Ich habe alles gegeben, um einen Kompromiss zu finden, um unser Land aus der EU zu bringen und trotzdem unsere wirtschaftliche Stärke und unseren politischen Zusammenhalt zu bewahren", sagte er nach Bekanntgabe der Ergebnisse. "Ich habe versagt."
Boles hatte Mitte März bereits angekündigt, nicht mehr mit seinem heimatlichen Kreisverband in Grantham und Stamford zusammenzuarbeiten - sonst werde er zum "Politiker ohne Prinzipien".
Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock twitterte: "Können wir jetzt bitte alle für den Deal stimmen und den Brexit durchführen?"
EU-Politiker reagierten entsetzt auf die erneute Ablehnung aller Brexit-Optionen im Unterhaus. "Ein harter Brexit wird nun fast unausweichlich", schrieb der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, auf Twitter. Am Mittwoch habe Großbritannien die letzte Chance, die Blockade zu durchbrechen. Andernfalls drohe "der Abgrund", schrieb er. Am Mittwoch haben die Abgeordneten wohl Gelegenheit, erneut über Alternativvorschläge abzustimmen.
Der SPD-Europapolitiker Jens Geier sprach von einer "inzwischen lächerlichen Selbstblockade im britischen Parlament" und forderte: "Einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 12. April hinaus kann die Europäische Union nur mit der gleichzeitigen Ansage eines zweiten Referendums stattgeben."
Kommt das völlig zerstrittene Parlament nicht bald zu einer Einigung, drohen ein Austritt aus der EU ohne Abkommen am 12. April - oder eine erneute Verschiebung des Brexits. Dann müssten die Briten aber an der Europawahl Ende Mai teilnehmen. Beides wollen die Abgeordneten eigentlich unbedingt verhindern.
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