Rechtspopulisten in Österreich Die Rückkehr des Heinz-Christian Strache

Nicht mal einen Monat nach seinem Sturz über die Ibiza-Affäre startet der österreichische Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache sein politisches Comeback. Eine wichtige Rolle kommt seiner Ehefrau zu.
Heinz-Christian und Philippa Strache (Archiv): "Lange Gespräche mit meiner Frau"

Heinz-Christian und Philippa Strache (Archiv): "Lange Gespräche mit meiner Frau"

Foto: Georg Hochmuth/APA/DPA

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Verzicht: Heinz-Christian Strache, bekannt als "HC Strache", der am 18. Mai nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos seinen Rücktritt als Vizekanzler von Österreich und als Chef der rechtspopulistischen Partei FPÖ bekannt gab, will nicht ins Europaparlament gehen.

Ursprünglich hatte er noch angekündigt, EU-Abgeordneter werden zu wollen. Durch 45.000 sogenannte Vorzugsstimmen würde ihm ein Mandat zustehen, denn anders als in Deutschland konnten Wähler in Österreich zusätzlich zur Wahl einer Partei auch einen bestimmten Kandidaten unterstützen.

Strache veröffentlichte am Montag auf seiner Facebookseite ein knapp zehn Minuten dauerndes Video, in dem er erklärt, dass er "nach reiflichen Überlegungen, langen Gesprächen mit meiner Frau und der Familie sowie eng vertrauten Wegbegleitern" die Entscheidung getroffen habe, das EU-Mandat nicht anzunehmen.

"Damit schlage ich nicht euer Vertrauen und euren Auftrag aus, sondern tue das Richtige zum richtigen Zeitpunkt", sagt er seinen Wählern. Er dankt jenen 45.000 Menschen, die ihm "ohne Aufruf und ohne Werbung" ihre Vorzugsstimmen gegeben hätten.

"Ich werde mich nicht zurückziehen, mich auch nicht verstecken"

Das sind bemerkenswert viele Stimmen für jemanden, der zwei Wochen vor der Europawahl darüber gestürzt war, dass er 2017 in einer Villa auf Ibiza einer vermeintlichen russischen Milliardärsnichte im Gegenzug für millionenschwere Wahlkampfhilfe Staatsaufträge in Aussicht gestellt hatte. Das Gespräch, eine Falle, war heimlich aufgenommen worden. SPIEGEL und "Süddeutsche Zeitung" hatten Ausschnitte aus dem insgesamt siebenstündigen Material veröffentlicht.

Strache machte am Montag auch klar, wie er sich seine Zukunft vorstellt: "Meine persönliche Präferenz galt nie Brüssel als Wirkstätte meiner politischen Arbeit, sondern immer Österreich und meiner Heimatstadt Wien, wo ich im Interesse der österreichischen Bevölkerung aktiv politisch arbeiten und gestalten möchte", sagte er in dem Video. "Ich werde mich nicht zurückziehen, mich auch nicht verstecken." Vielmehr werde er seinen Nachfolger als Parteichef, Norbert Hofer, "als einfaches Parteimitglied der FPÖ" unterstützen.

Das allerdings dürfte Koketterie sein, denn Strache hat die Rechtspopulisten in den vergangenen Jahren in Österreich stark gemacht:

  • Unter ihm hat die FPÖ sich neben der bürgerlich-konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ als Volkspartei etabliert,
  • und das FPÖ-Ergebnis der Europawahl wie auch Umfragen zeigen, dass seine Anhängerschaft ihm und der FPÖ die Ibiza-Affäre kaum übel nimmt.

Für den Zusammenbruch der Regierung macht sie Sebastian Kurz verantwortlich. Strache selbst sagt, nachdem er seinen Rücktritt erklärt habe, habe Kurz ihm die Fortsetzung der Regierungskoalition zugesagt. "An diese Zusage hielt er sich leider nicht, kündigte enttäuschender Weise die Koalition einseitig auf und zahlte hierfür einen hohen Preis. Das Parlament sprach ihm das Misstrauen aus, er verlor sein Amt."

Österreichs Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Archiv)

Österreichs Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Archiv)

Foto: Hans Klaus Techt/ dpa

Strache sieht sich weiterhin in erster Linie als Opfer eines "politischen Attentats". Das Video sei illegal aufgenommen und das gezeigte Filmmaterial zeige nur "völlig aus dem inhaltlichen Gesamtzusammenhang entrissene Bruchstücke". Strache sagt auch, eine Rückkehr in die aktive Politik solle erst erfolgen, nachdem die Hintergründe des Videos "weitestgehend aufgeklärt sind".

Philippa Strache will ins österreichische Parlament

Gleichwohl erklärte er in einem Interview, er sei "noch zu jung für den Ruhestand". Er werde sich zunächst im Wahlkampf für seine Frau Philippa engagieren. Philippa Strache hatte erst vergangene Woche angekündigt, dass sie für den Nationalrat, das österreichische Parlament, kandidiert. Die Neuwahl findet im Herbst statt, Strache kandidiert auf dem dritten Listenplatz der Wiener FPÖ.

Parteichef Hofer habe sie vergangene Woche angesprochen und gefragt, ob sie Interesse habe. Derzeit ist Philippa Strache Tierschutzbeauftragte der FPÖ. Sie betonte, es habe keinerlei "Deal" gegeben, wonach sie für das österreichische Parlament kandidieren dürfe, wenn ihr Mann auf das EU-Mandat verzichtet.

  • Österreichische Medien verbreiten derweil, dass HC Strache einen Beratervertrag von seiner Partei oder einem FPÖ-nahen Unternehmen erhalte, für ein Monatsgehalt von 10.000 Euro.
  • Philippa Strache werde als Abgeordnete 8890 Euro im Monat verdienen.
  • Als Vizekanzler und Minister habe Heinz-Christian Strache knapp 20.000 Euro bekommen, auf diese Weise solle die Differenz ausgeglichen werden.
  • Die FPÖ wollte entsprechende Berichte weder bestätigen noch dementieren.

Ebenso äußerte sie sich nicht zu Meldungen, wonach Strache im Herbst 2020 bei der Wiener Gemeinderatswahl als Spitzenkandidat antreten wolle. Aus der FPÖ sind unterschiedliche Stimmen zu all den Vorgängen zu hören.

So mancher äußert sich verärgert über die Kandidatur Philippa Straches, "weil HC Strache auf der politischen Bühne bleibt, obwohl er der Partei zuletzt sehr geschadet hat". Andere wiederum äußern, Philippa Strache dürfe als eigenständige Person tun, was sie wolle, mit ihrem Mann habe das "rein gar nichts zu tun".

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