Hilfsmission SPD will afghanische Polizisten in Deutschland schulen lassen
Berlin - Die SPD-Innenminister wollen sich einem Zeitungsbericht zufolge dafür einsetzen, dass ein Teil der Ausbildung afghanischer Polizisten in sichere Länder verlagert wird. Besonders künftige Führungskräfte der Polizei am Hindukusch sollen nach dem Wunsch der Minister auch in Deutschland trainiert werden, berichtet die "Financial Times Deutschland". Die Zeitung beruft sich auf einen Brief des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Körting ist Sprecher der SPD-Innenminister.
In dem Schreiben heiße es, dass sich zwangsläufig die Frage stellt, ob Deutschland seinen Beitrag zur Ausbildung der afghanischen Polizei auch außerhalb Afghanistans leisten kann. Die Kurse könnten an der Polizeihochschule in Münster-Hiltrup stattfinden. Der Bund habe derartige Vorschläge bislang nicht aufgegriffen, kritisierte der Innensenator.
Hintergrund des Körting-Briefs ist das Vorhaben der schwarz-gelben Bundesregierung, die deutschen Polizeiausbilder in Afghanistan von derzeit rund 120 auf 200 auszustocken. Sie könnten nach früheren Angaben de Maizières jährlich 5000 afghanische Polizisten schulen. Angesichts der Sicherheitslage am Hindukusch wird diskutiert, wie die Arbeit der deutschen Polizisten mit der größtmöglichen Sicherheit ablaufen kann.
Ein Sprecher von Bundesinnenminister de Maizière nannte den Vorschlag des SPD-Innensenator aus Berlin nicht neu. Im vergangenen Jahr seien bereits afghanische Fachlehrer in einer einmonatigen Schulung bei der Bundespolizei und beim Land Berlin fortgebildet worden. Weitere Kurse in Deutschland würden derzeit geprüft. Diese Maßnahmen könnten jedoch "die überwiegende Ausbildung vor Ort in Afghanistan nicht ersetzen".
Körting ergänzt seine Sicht
Körting erklärte am Donnerstag auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE: "Ich erinnere an die Beschlusslage der Innenministerkonferenz von Anfang Dezember 2009, auf der wir uns verständig haben, den Polizeiaufbau in Afghanistan zu unterstützen und zwar sowohl das bilaterale deutsche Polizeiprojekt im Norden wie auch die von der Bundesrepublik Deutschland für Gesamtafghanistan initiierte EUPOL-Mission. An dieser Beschlusslage möchte ich nach wie vor festhalten." Er bitte aber um Klärung, welche rechtliche Situation sich aus der Definition des Bundesaußenministers Guido Westerwelle ergebe, wonach Deutschland in Afghanistan an einem bewaffneten Konfikt teilnehme.
Gewerkschaft begrüßt SPD-Vorschlag
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den Vorstoß der SPD-Innenminister, einen Teil der Ausbildung afghanischer Polizisten in sichere Länder zu verlegen. "Insbesondere höhere Ränge der afghanischen Polizei könnten in unseren Ausbildungseinrichtungen das gesamte Instrumentarium nutzen, das uns hier zur Verfügung steht", sagte GdP-Chef Konrad Freiberg am Donnerstag in Berlin.
Freiberg wies darauf hin, dass sich mehrere Bundesländer "berechtigte Sorgen" um die Sicherheit der Polizisten machten, die sie nachAfghanistan zur geplanten Aufstockung des Polizeikontingents entsenden sollen. "Die Sicherheitslage hat sich dort erheblich verschärft, es herrscht Bürgerkrieg", sagte Freiberg. Für die dort eingesetzten deutschen Polizisten bringe das auch rechtliche Probleme, "da die Polizei Teil der Zivilverwaltung ist und in Kriegsgebieten nichts verloren hat".
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich gegenüber dem SPD-den Vorstoß aufgeschlossen, äußerte zugleich aber auch Kritik: "Wir brauchen die Ausbildung der Polizei in Afghanistan, aber ein Teil kann in Deutschland stattfinden. Das Kontingent könnte mehrere hundert afghanische Polizisten umfassen", sagte Herrmann der "Welt" . Die SPD-Kollegen hätten sich selbst vor zwei Monaten noch vehement dafür ausgesprochen, deutlich mehr Polizeibeamte nach Afghanistan zu schicken. "Offensichtlich hat die SPD jetzt kalte Füße bekommen", sagte Herrmann. Über Konzepte müsse bei der Innenministerkonferenz im Mai diskutiert werden.