US-Wahlkampf US-Außenministerium veröffentlicht erste Clinton-Mails

US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton: Republikaner kritisieren Krisenmanagement
Foto: AP/dpaZehntausende E-Mails schrieb und empfing Hillary Clinton während ihrer Amtszeit als Außenministerin über einen privaten Account. Jetzt ist ein Bruchteil davon einsehbar. Am Freitag veröffentlichte das State Department insgesamt 296 E-Mails, die Clinton über die Adressen hdr22@clintonemail.com und hrod17@clintonemail.com empfangen und versendet hat. Die Dokumente sind hier abrufbar.
296 E-Mails - das entspricht knapp 900 der dem Außenministerium insgesamt vorliegenden 55.000 Seiten mit elektronischer Kommunikation, die Clinton im vergangenen Dezember übermittelt hatte. Anfang des Jahres war die spätere Präsidentschaftsbewerberin wegen der Nutzung ihrer Privatadresse und des privaten Servers für dienstliche E-Mails in die Kritik geraten.
Zunächst wurden am Freitag E-Mails aus den Jahren 2011 und 2012 veröffentlicht - Clinton war von 2009 bis 2013 im Amt. Von Interesse ist vor allem die Kommunikation über den islamistischen Terroranschlag auf die US-Vertretung im libyschen Bengasi, bei dem im September 2012 vier Amerikaner ums Leben kamen, darunter Botschafter Christopher Stevens.
Auf Drängen der Republikaner wurde damals ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, die politischen Attacken richteten sich früh gegen Clinton, die absehbare Präsidentschaftskandidatin.
Die zwei zentralen Vorwürfe der Republikaner:
- Clinton hätte im Vorfeld mehr für die Sicherheit des Botschaftspersonals tun können.
- Nach dem Anschlag habe die US-Regierung den terroristischen Hintergrund der Tat zu vertuschen gesucht und spontane Demonstrationen verantwortlich gemacht.
Gefruchtet haben die Polit-Attacken in den vergangenen Jahren nicht. Eine Expertenkommission konstatierte zwar Sicherheitsprobleme in Libyen, aber das war es dann auch. Durch die Veröffentlichung der E-Mails nun, die dem Untersuchungsausschuss schon seit Februar vorliegen, erhoffen sich die Republikaner neuen Schwung in der Auseinandersetzung.
Was also steht drin?
- Oftmals kommuniziert Clinton mit ihrem alten Vertrauten und Familienfreund Sidney Blumenthal, der zwar nicht im Außenministerium arbeitet, ihr aber dennoch Berichte seiner "Quellen" aus Libyen übermittelt. "For: Hillary. From: Sid", steht über den Dokumenten. Clinton leitet sie meist an ihre Mitarbeiter im Ministerium weiter und bittet um Beachtung. Ans eigene Vorzimmer schickt sie Blumenthals Berichte mit dem Vermerk: "Bitte ausdrucken". Sofern man aus der E-Mail-Kommunikation schließen kann, haben seine Botschaften kaum je konkrete Folgen.
- Dafür geben sie Einblick in das besondere Verhältnis Blumenthals zu den Clintons. Am 7. Oktober 2012 zum Beispiel antwortet Hillary auf einen seiner Berichte: "Sehr nützlich." Blumenthals Antwort: "Nach der Wahl würden wir Dich gern zum Dinner einladen. Bill kann auch kommen, wenn er in der Stadt ist. Was immer Euch passt." Gemeint ist die Präsidentschaftswahl im November.
- Eine gute Woche nach Bengasi - als allen klar ist, dass es sich um einen Terroranschlag handelt - checken Clintons Mitarbeiter, ob die Ministerin in den Tagen zuvor möglicherweise doch von "spontanen" Protesten gesprochen hat. Das Ergebnis: Entwarnung. In der Mail an Clinton heißt es: "Sie haben niemals 'spontan' gesagt ... Tatsächlich waren Sie vorsichtig genug, in ihrem ersten Statement zu sagen, dass wir die Motive und Methoden untersuchen." Es folgen 24 Seiten Mitschrift von Clintons Äußerungen. Clintons Anweisung an ihr Vorzimmer: "Bitte ausdrucken".
- Ende 2012 leidet Clinton als Folge einer Gehirnerschütterung an einem Blutgerinnsel zwischen Schädeldecke und Gehirn, ihre beiden Stellvertreter müssen derweil dem Parlament Rede und Antwort stehen: "Ich pflege meinen kaputten Kopf und feuere Euch an, während Ihr ruhig bleibt und durchhaltet", schreibt sie William Burns und Thomas Nides am 20. Dezember. Nides antwortet, er verspüre nicht gerade Vorfreude auf seinen Auftritt. Darauf Clinton: "Was Dich nicht umbringt, das macht Dich härter ... wenn Du es überlebst, hast Du schon gewonnen."
- Im März 2011 schreibt Anne-Marie Slaughter, wenige Wochen zuvor noch die Leiterin der Planungsabteilung im Außenministerium, über die Situation in Libyen an Clinton: "Ich zweifle SEHR, ob es Sinn macht, die libyschen Rebellen zu bewaffnen." Es war die Zeit, in der noch der Diktator Gaddafi herrschte. Clintons Antwort: "Warum zweifelst Du?" Slaughter: "Weil mehr Waffen in einer Gesellschaft generell ... mehr Gewalt bedeuten ... Jungs lieben es, mit Waffen zu spielen." Mit Blick auf Syrien hingegen sollten später sowohl Clinton als auch Slaughter vehement für die Bewaffnung moderater Rebellen eintreten.
Und nun? Außenamtssprecherin Marie Harf teilt mit, es gebe keine wesentlichen neuen Erkenntnisse durch die Mails. In den kommenden Monaten sollen sukzessive weitere Pakete veröffentlicht werden - so hatte es ein Gericht angeordnet. Das Ministerium selbst wollte sich mit dem Gesamtpaket eigentlich bis Januar 2016 Zeit lassen.
Da Clinton die E-Mails auf ihrem privaten Server gespeichert hatte, bleibt allerdings unklar, ob sie wirklich die komplette dienstliche Kommunikation übergeben hat. Sie habe, so erklärte sie im März, etwa die Hälfte der E-Mails "nicht behalten", also gelöscht. Es seien private Nachrichten gewesen, die etwa von der Hochzeit ihrer Tochter oder Yoga-Stunden handelten.
Das muss man ihr wohl glauben. Wissen aber kann man es nicht.