Neues Skandalbuch Propaganda-Feuer auf die Clintons

Dubiose Deals? Bill und Hillary Clinton auf einer Tagung ihrer Wohltätigkeitsstiftung
Foto: © Shannon Stapleton / Reuters/ ReutersWalt Disney World ist die Hölle. So jedenfalls empfand es der US-Autor Peter Schweizer. Der Vergnügungspark sei mitnichten der "glücklichste Ort der Welt", schimpfte er, sondern ein Reich des Bösen: Bestechung, Kinderarbeit, "sexueller Missbrauch", "schwuler Aktivismus" sowie "eines der bizarrsten Geheimnisse" - Männer im Minnie-Mouse-Kostüm.
Schweizers 352 Seiten starker Disney-Verriss erschien 1998 unter dem Titel "Disney, The Mouse Betrayed: Greed, Corruption, and Children at Risk" ("Disney, die verratene Maus: Gier, Korruption und Kinder in Gefahr"). Auf Schweizers Website taucht der Schmöker heute aber nicht mehr auf, selbst nicht in der Rubrik "Alle Bücher". Zu lange her? Zu verrückt?
Prominent dagegen ("Klicken Sie hier") bewirbt der Vielschreiber sein neues Werk: "Clinton Cash" Der Untertitel sagt alles: "Die unerzählte Geschichte, wie ausländische Regierungen und Firmen halfen, Bill und Hillary reich zu machen." 256 Seiten, gebunden, 16,79 Dollar.
Das jüngste Produkt aus der unverwüstlichen Literatursparte "Die schlimmen Clintons" sorgt schon jetzt für Aufsehen, obwohl es erst nächste Woche erscheint. Die Skandale der Clinton-Dynastie werden seit einem Vierteljahrhundert immer wieder beschrieben, ohne dass das ihren Aufstieg nennenswert gebremst hätte. Neues Material also, bitte!
Das liefert Schweizer. In strategisch lancierten Vorabauszügen geht es um das Finanzchaos der Clinton-Stiftung, um dubiose Atomdeals, angebliche Gegengeschäfte, exorbitante Rednerhonorare und die mangelnde Trennschärfe zwischen privat und politisch, Spende und Bestechung.

"Hillary ist eine Lügnerin": Clinton-Protest im Vorwahlstaat New Hampshire
Foto: DON EMMERT/ AFPEs sind berechtigte Fragen. Vor allem, da sich Hillary Clinton als - noch - ungefährdete Kandidatin der Demokraten in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 gestürzt hat. Dazu erfindet sie sich gerade mal wieder neu - und "Transparenz" ist plötzlich ihr Lieblingswort.
Der Autor hat für Bush und Palin gearbeitet
Doch so sehr die Vorwürfe auch zum Mauschel-Image der Clintons passen: Peter Schweizer ist ein verbriefter Handlanger der Republikaner. Das von ihm gegründete Government Accountability Institute ist in Wahrheit eine konservative Kampfmaschine, finanziert von den Parteipaten David und Charles Koch sowie Geldgebern des Republikaner-Kandidaten Ted Cruz.
Schweizer hat für Ex-Präsident George W. Bush gearbeitet und - als "außenpolitischer Berater" - für die frühere Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin. Er war Ghostwriter für Louisianas Tea-Party-Gouverneur Bobby Jindal, schreibt für die konservative Website Breitbart.com und ist Mitarbeiter an der Hoover Institution, einem ThinkTank für ausrangierte Republikaner wie Donald Rumsfeld.
Schweizers Fakten entpuppen sich wie die vermeintlich dunkle Seite von Disney World oft als falsch, schlampig recherchiert oder Panikmache. Mehrfach musste er in der Vergangenheit Vorwürfe revidieren oder sogar ganz zurückziehen.
So ist es auch jetzt: Für den in "Clinton Cash" unterstellten Zusammenhang zwischen Spenden an die Clinton Foundation und Freundschaftsdiensten des damaligen Außenministeriums habe er "keine eindeutigen Indizien", gab er im Kabelsender MSNBC zu.
Trotzdem sicherten sich mehrere Medien die Exklusivrechte an "Clinton Cash". Schweizers Verlag HarperCollins - der zu Rupert Murdochs konservativer Medienmaschine gehört - überließ der "New York Times", der "Washington Post", dem hauseigenen Propagandakanal Fox News und Breitbart.com die Fahnen des Buches schon vor Monaten. Margaret Sullivan, die Ombudsfrau der "New York Times", fand diese Abmachung "bestenfalls ungeschickt und verwirrend".
Aber selbst der Recherche-Apparat der renommierten US-Zeitung konnte Schweizers Attacken nicht wasserdicht erhärten. Ob die Auslandsspenden von Tarnfirmen und die Steuertricks der seit Langem dafür kritisierten Clinton-Stiftung, ob Bill Clintons Gala-Honorare oder die angeblich erkauften Gefälligkeiten des Clinton-Außenministeriums: Zwar bleiben Zweifel und, wie immer bei den Clintons, ein schlechter Nachgeschmack - doch bisher gibt es nichts Haftbares. "Keine harten Beweise", fand selbst Chris Wallace von Fox News enttäuscht.
Doch Schweizers Anspielungen bleiben als nebulöse "Unregelmäßigkeiten" im Gedächtnis haften. Die Clintons, schrieb die "New York Times", seien "aus Teflon". Doch auch das platzt irgendwann ab.
Zusammengefasst: Ein neues Buch bringt Hillary und Bill Clinton in Bedrängnis - der Verdacht der Bestechlichkeit steht im Raum. Doch der Autor liefert keine harten Beweise. Und er ist schon öfter als schlampiger Rechercheur aufgefallen.