Historisches Abkommen Türkei und Armenien vereinbaren Versöhnungsprozess
Ankara - Ein großer Schritt auf dem Weg zur Normalisierung ist geschafft: Wie das türkische Außenministerium am Mittwochabend mitteilte, haben die Regierungen in Ankara und Eriwan eine Rahmenvereinbarung getroffen, die das Ziel hat, eine befriedigende Lösung für alle herbeizuführen. Als erfolgreicher Vermittler hat sich dabei die Schweiz betätigt.
Zu der Rahmenvereinbarung gehört nach Darstellung der türkischen Regierung eine "Road Map" für "die Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen in gegenseitigem Respekt und die Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der gesamten Region". Bei den bisherigen Gesprächen seien erhebliche Fortschritte erzielt worden.
Die Türkei knüpft Fortschritte bei den Verhandlungen allerdings an Bedingungen. Weitere Gespräche mit den Armeniern soll es nur dann geben, wenn diese parallel auch Gespräche mit Aserbaidschan über die Zukunft des umstrittenen Gebiets Bergkarabach führen. Die türkische Regierung unterstützt die aserbaidschanischen Ansprüche auf die Region, die innerhalb von Aserbaidschan liegt, aber einen hohen armenischen Bevölkerungsanteil hat.
Die Wurzeln des Konflikts zwischen der Türkei und Armenien liegen im frühen 20. Jahrhundert. In der Endphase des Ersten Weltkriegs wurden zahllose Armenier im damaligen Osmanischen Reich vertrieben und getötet. Nach armenischer Darstellung verloren 1,5 Millionen Menschen ihr Leben im ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts. Die Türkei betrachtet die historischen Ereignisse hingegen als Unruhen vor dem Hintergrund der Auflösung des Osmanischen Reichs.
Die Bewertung der Massaker an den Armeniern ist bis heute immer wieder Anlass für diplomatische Spannungen. Erst am Mittwoch berief die Türkei ihren Botschafter aus Kanada zurück und protestierte damit gegen eine Konferenz, die von einem Völkermord an den Armeniern sprach. Auch im US-Kongress wurde eine Resolution eingebracht, die das Geschehen als Völkermord bezeichnet. Bei seinem Besuch in Ankara vermied US-Präsident Barack Obama Anfang dieses Monats den umstrittenen Begriff. Ebenso wie die Europäische Union rief er die Türkei und Armenien dazu auf, ihren Konflikt beizulegen.
Die beiden Staaten haben keine diplomatischen Beziehungen. Die Bemühungen um eine Überwindung der Spannungen setzten im September vergangenen Jahres ein, als der türkische Präsident Abdullah Gül zum WM-Qualifikationsspiel der armenischen Fußballnationalmannschaft gegen die Türkei nach Eriwan flog.