Human Rights Watch "Afghanistans Frauen werden nach wie vor diskrimiert"
Berlin - Weitverbreitete Einschüchterungen von Frauen und allgemeine Unsicherheit bedrohen die Rechte der Frauen, an den Präsidentschaftswahlen teilzunehmen, selbst zu kandidieren und überhaupt selbständig am öffentlichen Leben teilzunehmen, berichtete heute die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Kabul.
Ihr 36-seitige Bericht "Between Hope and Fear: Intimidation and Threats Against Women in Public Life" dokumentiere auf welche Weise Kriegsherrn, die Taliban und verschiedene Rebellengruppen weibliche Regierungsbeamte, Wahlhelferinnen, Journalistinnen und Mitarbeiterinnen in Frauenrechtsbewegungen attackieren und belästigen.
Obwohl sich für Frauen seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 vieles zum Besseren gewandt habe, müssten politisch oder frauenrechtlich engagierte Frauen noch immer in ständiger Angst leben, hieß es weiter in dem Bericht von Human Rights Watch. "Nun sind es die Kriegsherren, die versuchen, Frauen an der Ausübung ihrer Rechte zu behindern."
Am kommenden Samstag finden die ersten freien Präsidentenwahlen in Afghanistan statt. Aussichtsreichster Kandidat ist der vorläufige Präsident Hamid Karzai. Kurz vor dem Urnengang starben heute im Süden des Landes mindestens 14 Menschen einen gewaltsamen Tod. Sieben afghanische Polizisten starben in der Provinz Kandahar, als ihr Fahrzeug auf eine Landmine fuhr, sagte General Mohammed Salim Asas. In der Provinz Urusgan töteten amerikanische und afghanische Soldaten nach Angaben der Provinzregierung sieben Taliban-Rebellen.
Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen kündigte in Kopenhagen an, die Zahl der jetzt 70 dänischen Soldaten in Afghanistan aufstocken zu wollen. Bis zu 210 Soldaten und ein C-130-Flugzeug sollen im nächsten Jahr die Internationale Schutztruppe (Isaf) verstärken. Das dänische Parlament entscheidet voraussichtlich im November über den Vorschlag. Die Opposition signalisierte bereits Zustimmung.
Unicef fordert bessere Lebensbedingungen für Kinder
Laut einer neuen Studie des Uno-Kinderhilfswerks Unicef stirbt in Afghanistan eines von neun Kindern vor dem ersten Geburtstag, und eines von sechs wird seinen fünften Geburtstag nicht erleben. Die Lage der Kinder habe sich zwar in den vergangenen Jahren etwas verbessert, heißt es in dem Bericht. Es müsse jedoch noch viel getan werden, um die Folgen des jahrzehntelangen Konflikts und der internationale Isolierung zu überwinden.
Für die Untersuchung wurden im vergangenen Jahr 20.800 Haushalte in allen 32 Provinzen Afghanistans befragt. Die Säuglingssterblichkeitsrate fiel innerhalb von vier Jahren von 165 auf 115 pro 1000 Lebendgeburten. Die Sterblichkeitsrate der Kinder unter fünf Jahren ging von 257 auf 172 pro 1000 Lebendgeburten zurück. Aber fast 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind von Durchfallkrankheiten betroffen, und die Hälfte von ihnen bekommt keine angemessene Pflege. 20 Prozent der Kinder leiden an Atemwegerkrankungen, und drei Viertel werden nicht in ein Gesundheitszentrum oder Krankenhaus gebracht.
Rund 60 Prozent der Haushalte in Afghanistan verfügen über keine sichere Trinkwasserquelle, in einem Drittel der Haushalte gibt es keine Toiletten. 90 Prozent der Geburten sind Hausgeburten, meist ohne die Hilfe von ausgebildetem medizinischem Personal. Auch in der Bildung sind laut Unicef mehr Anstrengungen nötig. So gehen 45 Prozent der Kinder im Grundschulalter nicht zur Schule. Nur 40 Prozent der Mädchen besuchen die Schule, von 1992 bis 2002 waren es jedoch nur 14 Prozent. Die Analphabetenrate der Afghanen über 15 Jahre beträgt 71 Prozent.