Erneutes Impeachment
So läuft das Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump
Nach dem Sturm auf das Kapitol wird das Repräsentantenhaus aller Voraussicht nach ein erneutes Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleiten. Wie genau läuft es ab? Der Überblick.
Was Lügen, Beleidigungen, Verstöße gegen geschriebene und ungeschriebene Regeln nicht schafften, hat nun die gewaltsame Erstürmung des US-Kapitols durch Donald Trumps Anhänger bewirkt: Inzwischen wenden sich viele Republikaner vom US-Präsidenten ab, manche sprechen sich für ein Amtsenthebungsverfahren aus.
Nun wird das US-Repräsentantenhaus aller Voraussicht nach ein zweites solches Verfahren gegen Trump einleiten. Vizepräsident Mike Pence hatte zuvor der Forderung nach einer vorzeitigen Absetzung Trumps eine Absage erteilt. Die Demokraten werfen dem abgewählten Präsidenten »Anstiftung zum Aufruhr« vor.
US-Präsidenten können in einem zweistufigen Verfahren abgesetzt werden.
Die Einleitung der Anklageerhebung, des sogenannten Impeachment, durch das Repräsentantenhaus bildet die erste Phase. Jedes Mitglied des Repräsentantenhauses kann ein Impeachment einleiten. Um das Verfahren an den Senat weiterzuleiten, reicht eine einfache Mehrheit. Die Demokraten haben dafür auch ohne republikanische Unterstützung genug Stimmen.
Der Prozess gegen den Präsidenten wird im Senat geführt, der anderen Kammer des US-Kongresses. Konkret tragen Delegierte des Repräsentantenhauses das Impeachment dem Senat vor. Dieser verfasst eine Klageschrift und informiert den Beschuldigten. Richtet sich das Impeachment gegen den Präsidenten, sitzt dem Senat für das Verfahren der Oberste Richter der Vereinigten Staaten vor.
Der Senat muss darüber entscheiden, ob der Präsident »verurteilt« und des Amtes enthoben wird. Dafür ist dort eine Zweidrittelmehrheit nötig, die als schwer erreichbar gilt. Wird der Präsident verurteilt, kann der Senat außerdem darüber abstimmen, ob der Verurteilte in Zukunft noch ein öffentliches Amt übernehmen darf.
Ist schon ein US-Präsident auf diesem Weg abgesetzt worden?
Nein, in der Geschichte der Vereinigten Staaten hat noch nie ein Präsident durch Impeachment sein Amt verloren. Vor Trump gab es überhaupt nur zwei Mal den Versuch, einen Präsidenten auf diese Weise des Amtes zu entheben.
1868 wurde ein Verfahren gegen Andrew Johnson eingeleitet, weil er ohne erforderliche Zustimmung des Senats den Kriegsminister abgesetzt hatte. Der Senat sprach den Präsidenten frei, allerdings fehlte nur eine Stimme zur Verurteilung.
1998 leitete das mehrheitlich republikanische Repräsentantenhaus im Zuge der Lewinsky-Affäre ein Verfahren gegen den Demokraten Bill Clinton wegen Meineids und Behinderung der Justiz ein. Es scheiterte ebenfalls.
Und 1974 kam US-Präsident Richard Nixon einem Impeachment nach der Watergate-Affäre durch einen Rücktritt zuvor. Donald Trump wäre der erste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der sich zweimal einem Impeachment-Verfahren stellen muss – in nur einer Amtszeit.
Wie wahrscheinlich ist es, dass Trump abgesetzt wird?
Zumindest wahrscheinlicher als beim ersten Anlauf. Damals hatten die Demokraten Trump vorgeworfen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unter Druck gesetzt zu haben, Ermittlungen gegen Joe Bidens Sohn einzuleiten – mit dem Ziel, sich selbst einen Vorteil im Wahlkampf gegen den Demokraten zu verschaffen.
Aber das Problem ist nach wie vor: Auch wenn die Demokraten genug Stimmen im Repräsentantenhaus haben, um ein Amtsenthebungsverfahren zu eröffnen, fehlt ihnen im Senat die nötige Zweidrittelmehrheit.
Auch wenn sich nach dem Angriff auf das Kapitol inzwischen einige republikanische Politiker offen von Trump abgewendet haben und manche sogar ankündigen, sich einem möglichen Amtsenthebungsverfahren anzuschließen, gilt es als unsicher, ob genügend Republikaner im Senat mit den Demokraten stimmen.
Und selbst wenn – es gilt als unwahrscheinlich, dass das Impeachment-Verfahren vor dem 20. Januar zu einem offiziellen Ergebnis kommt. Dann muss Trump sein Amt ohnehin abgeben. Ein Ausschluss von öffentlichen Ämtern für den abgewählten Präsidenten müsste in einem separaten Verfahren beschlossen werden.