Nach Streit über Besuchsverbot Bundeswehr investiert 58 Millionen Euro in der Türkei

Tornado-Jet der Bundeswehr in Incirlik
Foto: DPA/ Bundeswehr/ Falk BärwaldNach monatelangen Querelen richtet sich die Bundeswehr darauf ein, ihre Mission zur Unterstützung der Anti-IS-Koalition in der Türkei fortzusetzen. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE hat Ursula von der Leyens Staatssekretär Gerd Hoofe jetzt ein Investitionsbudget von insgesamt 58 Millionen Euro für den deutschen Einsatz auf dem türkischen Stützpunkt in Incirlik freigegeben.
Mit dem Geld sollen auf der Luftwaffenbasis für rund 26 Millionen Euro ein eigenes Flugfeld für die deutschen Tornado-Aufklärungsjets sowie Unterkunftscontainer für die Soldaten gebaut werden. Für weitere 30 Millionen Euro kann die Truppe nach der Freigabe zudem einen modernen mobilen Gefechtsstand für den Einsatz beschaffen. Für diesen muss zuvor ein Fundament gebaut werden, für das weitere zwei Millionen Euro eingeplant sind.
Aus Sicht der Militärs sind die Investitionen dringend notwendig. Seit dem Start der Mission Anfang des Jahres musste die Bundeswehr ihre Jets auf Stellflächen der US-Amerikaner parken, in provisorischen Unterkünften schlafen und sich bei ihren Aufklärungsflügen auf technische Unterstützung der Verbündeten verlassen.
Neue Zuversicht in Berlin
Die Entscheidung ist ein Indiz für die neue Zuversicht der Bundesregierung, dass die Bundeswehr ihre Mission in der Türkei fortführen kann. In den vergangenen Monaten hatte man die bereits im Frühsommer begonnenen Planungen für Incirlik wegen des Streits mit der Türkei um das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete vorübergehend gestoppt.
Die Türkei hatte wegen der Armenien-Resolution des Bundestags Besuche von Parlamentariern bei der Bundeswehr in Incirlik untersagt. Zwischenzeitlich drohte die SPD deswegen, das notwendige Mandat im Dezember nicht zu verlängern und auch den geplanten Einsatz von Awacs-Radarflugzeugen zu blockieren.
Hinter den Kulissen hatte die Bundesregierung diskret versucht, die Türkei zu besänftigen. Am vergangenen Freitag dann sendete man die mit Ankara vereinbarten Signale: Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Resolution sei lediglich eine Willenserklärung des Bundestags und nicht rechtlich bindend.
In Berlin hofft man, dass die Türkei nun einlenkt. Kanzler- und Außenamt sprechen von "positiven Geräuschen" aus Ankara. Am Wochenende traf sich Kanzlerin Merkel am Rande des G20-Gipfels mit Präsident Recep Tayyip Erdogan, sie zeigte sich im Anschluss optimistisch. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) besprach die Causa mit seinem türkischen Amtskollegen. Steinmeiers Sprecher sagte am Montag, es wäre "ein guter und richtiger Schritt", wenn der nächste, für Anfang Oktober vorgesehene Abgeordnetenbesuch nun wie geplant stattfinden könne.
Ebenso erwartet man die Ankunft eines neuen türkischen Botschafters. Ankara hatte seinen Top-Diplomaten nach der Abstimmung über die Armenien-Resolution abgezogen.
Vertrag mit der Türkei unterzeichnet
Das Verteidigungsministerium bestätigte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE die Freigabe des Millionenbudgets. Von der Leyens Sprecher Jens Flosdorff betonte allerdings, der Kauf des mobilen Gefechtsstands für die Luftwaffe sei unabhängig vom Einsatz in Incirlik nötig gewesen.
Die Bundeswehr unterstützt die von den USA angeführte Koalition gegen die Terrormiliz IS seit Anfang 2016 mit Aufklärungsjets und Flugzeugen zur Luftbetankung.
Für die Baumaßnahmen in Incirlik hat das Verteidigungsministerium kürzlich ein Übereinkommen mit der Türkei unterzeichnet. Wegen Sicherheitsbedenken sollen nur vorher vom Militär überprüfte türkische Unternehmen beim Bau der Flugflächen zum Zug kommen, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Trotz des grünen Lichts aus Berlin lässt sich die Bundeswehr für den Fall neuer Streitigkeiten mit dem Gastgeber eine Hintertür offen. So heißt es im Ministerium, der mobile Gefechtsstand könne jederzeit wieder abgebaut werden. Es handele sich also nicht um eine Festlegung auf Incirlik als Basis für den Anti-IS-Einsatz.