Inhaftierte Opposition Iran will Festnahmen von Regimegegnern überprüfen
Teheran - Die iranische Führung geht ein kleines Stück auf die Oppositionsbewegung zu: Das geistliche Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei versprach, dass die Fälle von mehreren hundert Demonstranten überprüft werden, die bei den Protesten gegen die Präsidentenwahl inhaftiert wurden. Die Staatsanwaltschaft solle binnen einer Woche entscheiden, ob die Festgenommenen freigelassen oder vor einen Richter gestellt werden, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Irna. Außerdem soll eine Parlamentskommission das größte Gefängnis in Teheran, die für brutale Methoden berüchtigte Strafanstalt Evin, besuchen.
Dem Bericht zufolge ordnete Chamenei am Montag die Schließung des Gefängnisses Kahrisak an. Dort gebe es nicht die "notwendigen Standards, um die Rechte der Insassen zu garantieren", sagte Kasem Dschalali, Mitglied der parlamentarischen Sonderkommission, am Dienstag der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr. In dem Gefängnis waren die meisten der Demonstranten untergebracht, die in den vergangenen Wochen bei den Protesten gegen die Ergebnisse der Präsidentenwahl vom 12. Juni verhaftet worden waren.
Nach Berichten von Menschenrechtsgruppen starben in dem Gefängnis mindestens drei Häftlinge. Unter ihnen soll nach Angaben der Opposition auch der Sohn des konservativen Politikers Abdolhossein Ruhalamini sein, der am 9. Juli wegen seiner Teilnahme an den Protesten festgenommen wurde.
Mussawi wirft Regime Misshandlung vor
Oppositionsführer Hossein Mussawi hatte am Montag in einer Rede die Festnahmen und Todesfälle im Gefängnis als Katastrophe bezeichnet. Er deutete an, dass die Misshandlungen schlimmer seien als unter dem Schah.
Nach offiziellen Angaben wurden bei den Protesten insgesamt rund tausend Menschen verhaftet, von denen - nach unterschiedlichen Angaben - noch 300 bis 500 in Haft sitzen. Mindestens 20 Menschen kamen bei den Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften ums Leben.
Unter den Verhafteten sind vor allem junge Leute, aber auch prominente Reformpolitiker, Menschenrechtsaktivisten und Anwälte. Die Opposition klagt seit Wochen darüber, dass viele Festgenommenen in Geheimgefängnissen festgehalten würden, keinen Kontakt zu ihren Familien hätten und gefoltert würden.
Beobachter werteten die Schließung des Gefängnisses und die Anweisungen des Justizchefs als Erfolg für die Opposition. Allerdings haben die Behörden eine Trauerfeier für die Toten der Demonstrationen gegen die umstrittene Präsidentenwahl verboten.
Die Gedenkveranstaltung sei nicht genehmigt worden, sagte der politische Leiter des Innenministeriums, Mahmud Abbassadeh Meschkini, am Dienstag der iranischen Nachrichtenagentur Fars. Nach dem Willen der Oppositionsführer Hossein Mussawi und Mahdi Karrubi sollte die Trauerfeier am Donnerstag auf dem Mossala-Gelände in Teheran, einem zentralen Gebetsort, stattfinden. Reden waren nicht geplant. Es sollten lediglich Koranverse verlesen werden.