Die Europäische Union erhöht den Druck auf die Ukraine. Sollte Kiew die inhaftierte Oppositionspolitikerin Julija Timoschenko nicht freilassen, wird das Assoziierungsabkommen scheitern, betonen die EU-Außenminister - viel Zeit bleibe nicht mehr.
Oppositionspolitikerin Timoschenko: EU will weitere Fortschritte in Sachen selektiver Justiz sehen
Foto: Sergey Dolzhenko/ dpa
Kiew - Die EU-Außenminister haben eine schnelle Freilassung der ukrainischen Oppositionspolitikerin Julija Timoschenko verlangt. Erst dann wollen sie das für November geplante Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU unterschreiben. "Wir legen großen Wert darauf, dass dieser sehr symbolträchtige Fall beantwortet und auch gelöst wird", sagte Außenminister Guido Westerwelle bei einem Treffen mit seinen europäischen Kollegen in Luxemburg - fünf Wochen vor der geplanten Unterzeichnung in Litauens Hauptstadt Vilnius.
Noch gebe es die Gelegenheit, betonte Westerwelle. "Aber es ist auch wichtig, dass nicht bis zur letzten Minute abgewartet wird. Wir wollen, dass seriöse, gut vorbereitete Entscheidungen getroffen werden können."
Nur würden auch damit viele Fragen offenbleiben. Schwedens Außenminister Carl Bildt hält das Gesetz für problematisch. "Was passiert danach? Fordert die Ukraine dann, dass sie ausgeliefert wird und zurück ins Gefängnis in der Ukraine muss? Das wäre ein Umweg, aber keine Lösung." Auf die Frage, wie viel Zeit der Ukraine noch bleibe, sagte Bildt: "Nicht viel."
Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko forderte Janukowitsch auf, das Abkommen nicht zu gefährden. "Damit die Assoziierung unterzeichnet wird, müssen alle Forderungen der EU bezüglich Julija Timoschenko erfüllt werden." Präsident Janukowitsch will das Assoziierungsabkommen, weil sein Land damit unabhängiger von Russland würde. Allerdings will er auch ein Comeback seiner Rivalin Timoschenko verhindern.
Timoschenko sitzt seit zwei Jahren in Haft, sie war im August 2011 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden - wegen Amtsmissbrauchs. Die EU-Minister sind der Auffassung, dass das Urteil gegen die erkrankte Ex-Regierungschefin politisch motiviert ist. Sie fordern, diese "selektive Justiz" zu beenden. "Wir wollen weitere Fortschritte in Sachen selektiver Justiz sehen", sagte der britische Außenminister William Hague. "Was mit Frau Timoschenko passiert, ist eine der Fragen, aber nicht die einzige - obwohl sie wichtig ist." Es gebe "noch Bedingungen, die erfüllt werden müssen".
Die inhaftierte Oppositionsführerin leidet an einem Bandscheibenschaden. Bereits mehrfach hatten Ärzte der Berliner Charité Timoschenko in der Ukraine wegen ihres Rückenleidens untersucht und therapiert. Derzeit liegt die einstige Heldin der Orangenen Revolution in einem Krankenhaus der Industriestadt Charkow, wo eigens für sie ein Isolationstrakt geschaffen wurde. Besuch darf die 52-Jährige nur in Ausnahmefällen bekommen.