Interviewversuch in Steinigungsfall Iraner nehmen zwei deutsche Journalisten fest
Berlin - Die iranischen Behörden haben am Sonntagabend zwei deutsche Journalisten festnehmen lassen. Bisher sind die Berichte über die Festnahme noch lückenhaft, doch der Krisenstab des Auswärtigen Amts (AA) ist nach Informationen von SPIEGEL ONLINE seit spätestens Montagmorgen intensiv mit dem Fall beschäftigt.
Offiziell heißt es im Ministerium von Guido Westerwelle bisher lediglich, wie in solchen Fällen üblich, man gehe den Hinweisen mit Hochdruck nach. Konkret bemühen sich die Diplomaten um Zugang zu den beiden Festgenommenen und um Kontakt zu den Behörden des Iran. Dazu soll ein Mitarbeiter in die nordiranische Provinz entsendet werden, in der die beiden Deutschen festgehalten werden.
Berliner Regierungsinsidern zufolge könnte es sich um zwei Reporter der "Bild am Sonntag" handeln. Der Axel-Springer-Verlag bestätigte die Festnahme bisher nicht. "Von einer Verhaftung von Mitarbeitern unseres Verlages ist uns nicht bekannt", sagte Pressesprecher Tobias Fröhlich.
Die Staatsanwaltschaft in Teheran bestätigte am Montagabend die Festnahme. Demnach habe man zwei deutsche Journalisten in Gewahrsam genommen, da sie ohne Genehmigung des Informationsministeriums ein Interview mit dem Sohn der zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin Sakine Mohammadi Aschtiani führten.
Für die Einreise hätten die beiden sich als Touristen getarnt. Iran lässt grundsätzlich sehr wenige ausländische Journalisten ins Land und kontrolliert diese streng. Seit den schweren Unruhen im Land sind kaum noch westliche Reporter zugelassen.
Konkrete Hinweise auf die Festnahme kamen von Mina Ahadi, die in Deutschland ein Komitee gegen die Steinigung von Sakine Mohammadi Aschtiani leitet. Ahadi hatte nach eigenen Angaben den Kontakt zwischen den deutschen Reportern und dem Anwalt der Iranerin eingefädelt. Als die beiden Reporter schließlich am Sonntagnachmittag Aschtianis Anwalt getroffen hatten, dolmetschte Ahadi das Gespräch von Deutschland aus per Telefon.
Was genau passierte, kann Ahadi nicht sagen. Nach drei oder vier Fragen, so berichtete sie SPIEGEL ONLINE, habe einer der Journalisten plötzlich das Gespräch beendet. Vorher soll er verblüfft gerufen haben "Was ist hier los?". Ahadi ist sich sicher, dass die beiden und der Anwalt von der Polizei festgenommen worden sind.
Der Fall der Iranerin Ashtani sorgt seit Monaten für Schlagzeilen und weltweite Proteste. Die heute 43-Jährige war zunächst wegen Mordes an ihrem Ehemann angeklagt und zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Im Juli 2010 setzte der Iran die Vollstreckung des Steinigungsurteils vorerst aus - das Todesurteil blieb allerdings bestehen.
Der Fall der beiden Journalisten birgt für die Bundesregierung diplomatischen Sprengstoff. Zunächst hatte man im Auswärtigen Amt versucht, den Fall ohne größeres Aufsehen zu lösen. Nach der Veröffentlichung der Festnahme durch die iranischen Behörden aber weist einiges daraufhin, dass diese die Inhaftierten möglicherweise für politische Zwecke nutzen wollen.
In den vergangenen Jahren hatte Iran immer wieder Ausländer festnehmen lassen, meist warfen die Behörden den Mitarbeitern von Hilfsorganisationen Spionage vor. Häufig konnte nach langem Ringen eine Freilassung erreicht werden. Für diese allerdings mussten die ausländischen Regierungen meist Zugeständnisse an Iran machen.