Irak "Feldzug nach klassischer Guerilla-Art"

Der neue US-Oberbefehlshaber im Irak, General John Abizaid, hat die andauernden Gefechte im Irak erstmals als Guerilla-Krieg bezeichnet. Auf regionaler Basis hätten Mitglieder des früheren Saddam-Regimes Zellen gebildet, die einen "Feldzug nach klassischer Guerilla-Art gegen uns" führten, sagte Abizaid.

Bagdad/Washington - Er forderte eine darauf ausgerichtete militärische Taktik. Sollte die Lage im Irak bedrohlicher werden, werde er notfalls mehr Soldaten aufbieten.

Zwar handele es sich der US-Militärdoktrin zufolge um einen Konflikt geringer Intensität. "Wie immer man es auch beschreibt, es ist ein Krieg", sagte Abisaid. Der Widerstand werde mehr und mehr organisiert und verbessert. "Wir müssen uns an ihre Taktiken, Techniken und Methoden anpassen".

Bis auf weiteres werde an der Truppenstärke von 148.000 Amerikanern und 13.000 Mann anderer Koalitionskräfte festgehalten, sagte Abizaid bei einer Anhörung im US-Verteidigungsministerium.

Mit seiner Einschätzung steht Abisaid im Widerspruch zu Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Dieser hatte Ende Juni gesagt, die Angriffe im Irak sei alles andere als Ausdruck eines Guerillakriegs oder organisierten Widerstands.

Beinahe täglich werden US-Soldaten bei Angriffen im Irak getötet. Seit dem Einmarsch in den Irak im März wurden 147 US-Soldaten getötet - genauso viele wie im Golfkrieg 1991. Abisaid sagte, die US-Truppen sollten auf eine jahrelange Stationierung vorbereitet sein.

Unterdessen sind bei einem neuen Angriff auf einen US-Militärkonvoi im Irak ein Soldat getötet und mindestens vier weitere verwundet worden. Der aus 30 Lastwagen bestehende Konvoi sei auf einer Autobahn 30 Kilometer westlich von Bagdad mit Panzerfäusten beschossen worden, teilte das US-Militärkommando in Bagdad mit.

Zudem wurde ein Militärtransportflugzeug vom Typ C-130 im Landeanflug zum internationalen Flughafen von Bagdad mit einer Boden-Luft-Rakete beschossen. Die Rakete habe ihr Ziel jedoch verfehlt und das Flugzeug habe sicher landen können, teilte das US-Militär mit. Es sei der erste derartige Angriff seit April gewesen. Der Anfang April eingenommene Flughafen hat große Bedeutung für den Nachschub der Amerikaner und für internationale Organisationen in Bagdad. Derzeit wird die Wiederaufnahme des zivilen Flugbetriebs vorbereitet.

In Haditha, einer Stadt im West-Irak nahe der syrischen Grenze, wurde der Sohn des Bürgermeisters ermordet. Der Politiker war nach der Eroberung des Irak vom US-Militär eingesetzt worden.

Eine am Sonntag begonnene Offensive in der Region nördlich von Bagdad führte nach US-Angaben vom Mittwoch zu weiteren Ergebnissen. Die Operation "Ivy Serpent" richtet sich präventiv gegen mögliche Anstifter und Mitwirkende von Attacken auf US-Truppen. Seit Beginn der Operation wurden demnach in insgesamt 71 Razzien 448 Personen festgenommen.

Angesichts der anhaltenden Angriffe auf US-Truppen im Irak wird bei den Vereinten Nationen hinter verschlossenen Türen über eine internationale Stabilisierungstruppe mit UN-Mandat diskutiert. Das bestätigte UN-Generalsekretär Kofi Annan am Mittwoch auf Anfrage von Journalisten. Es gehe darum, ob der "Sicherheitsrat die UN-Aktivitäten (im Irak) erweitert und möglicherweise an die Mitgliedstaaten appelliert, Truppen, Polizisten und andere Ressourcen für die Stabilisierung des Irak zur Verfügung zu stellen", sagte Annan.

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