Gewalt gegen Demonstranten Irans Führung spielt Proteste herunter

Mehr als hundert Menschen könnten bei den Protesten gegen die Anhebung der Benzinpreise in Iran getötet worden sein. Die Führung in Teheran verkündet jetzt, die Unruhen seien "vom Ausland provoziert".
Irans Präsident Hassan Rohani: Das Regime gibt sich siegessicher

Irans Präsident Hassan Rohani: Das Regime gibt sich siegessicher

Foto: Arman/Iranian Presidency/ DPA

Irans Regierung hat Berichte über angeblich mehr als hundert Tote bei den jüngsten Protesten im Land zurückgewiesen. Genannte Zahlen über Opfer seien "spekulativ, nicht verlässlich", wenn diese nicht offiziell bestätigt seien, hieß es in einem Tweet von Uno-Delegationssprecher Alireza Miryousefi.

Präsident Hassan Rohani behauptete, die Unruhen seien "vom Ausland provoziert" und nunmehr erfolgreich niedergeschlagen worden. "Das iranische Volk hat erneut einen historischen Test bestanden und gezeigt, es lässt nicht zu, dass die Feinde von der Situation profitieren."

Die Anzahl der "Anarchisten auf den Straßen" sei gering gewesen, sagte Rohani bei einer Kabinettssitzung. Diese "organisierten, bewaffneten Anarchisten" hätten gemäß einer Verschwörung Saudi-Arabiens, Israels und der USA gehandelt.

Ähnlich äußerte sich auch Ajatollah Ali Khamenei, das geistliche Oberhaupt: Der "Feind ist zurückgedrängt". Er hatte bereits in den vergangenen Tagen die Gewalt durch "Hooligans" verurteilt und gewarnt, sie nutze nur der Exilopposition. Demonstranten hatten während der Proteste Tankstellen, Bankfilialen und Polizeiwachen in Brand gesetzt und Geschäfte geplündert.

Schweizer Botschafter einbestellt

Amnesty International hatte zuvor berichtet, bei den Protesten gegen die Anhebung der Benzinpreise könnten mehr als hundert Menschen getötet worden sein. Darauf deuteten Augenzeugenberichte, Videoaufnahmen und Angaben von Aktivisten hin. Die iranischen Sicherheitskräfte hätten "übermäßige und tödliche Gewalt" eingesetzt, um die weitgehend friedlichen Demonstrationen niederzuschlagen. Das genaue Ausmaß der Gewalt bei den Protesten ist unklar, da die Regierung das Internet im Land weitgehend abgeschaltet hat.

Tausende Iraner gingen laut staatlichen Medien am Mittwoch in mehreren Städten des Landes auf die Straße, um für die Regierung zu demonstrieren. Die "spontanen Versammlungen" von Regierungsanhängern in Sandschan, Schahr-e Kord und anderen Städten seien "die größte Demonstration der Macht der iranischen Nation" gewesen, behauptete Rohani.

Das iranische Außenministerium bestellte am Mittwoch den Schweizer Botschafter in Teheran wegen Äußerungen von US-Außenminister Mike Pompeo über die Proteste ein. Dessen Aussagen seien eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes. Pompeo hatte sich unterstützend über die Demonstrationen geäußert.

Die Schweiz vertritt die Interessen Washingtons in der Islamischen Republik, weil die USA und Iran keine diplomatischen Beziehungen unterhalten.

als/AFP/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren