Präsident Rohani Iran lässt prominente Regimekritiker frei

Im Wahlkampf hatte sich Irans Präsident Hassan Rohani für die Freilassung aller politischen Gefangenen eingesetzt. Jetzt hat das Regime in Teheran mindestens elf politische Gegner freigelassen - darunter auch die Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh.
Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh: "Ich werde erneut für Gerechtigkeit kämpfen"

Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh: "Ich werde erneut für Gerechtigkeit kämpfen"

Foto: ARASH ASHOURINIA/ dpa

Teheran - Die prominente iranische Anwältin und Menschenrechtaktivisten Nasrin Sotudeh ist überraschend aus dem Gefängnis entlassen worden. "Das ist ein schönes Gefühl, wieder Zuhause zu sein und die Menschen zu umarmen, die mir in all den Jahren so gefehlt haben", sagte sie am Abend vor Journalisten in Teheran.

Die Nachrichtenagentur Insa meldete, dass neben Sotudeh 13 andere politische Gefangene freigelassen worden seien. Über die Zahl der entlassenen Häftlinge gab es am Mittwochabend unterschiedliche Angaben. Die BBC meldete insgesamt elf Kritiker, die nun frei seien. Die iranische Oppositionsbewegung Kalame sprach von mehr als 15 politischen Häftlingen, die seit Dienstag das Gefängnis verlassen durften.

Darunter seien auch der Ex-Vizeaußenminister Mohsen Aminsadeh, der Reformpolitiker Fejsollah Arabsorchi und die Journalistin Mahsa Amirabadi, meldete Isna. Sie waren nach den Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl von Expräsident Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2009 hinter Gitter gekommen.

Neuer Führungsstil von Präsident Rohani?

Die Haftentlassungen werden als großer innenpolitischer Erfolg für den neuen Präsidenten Hassan Rohani gewertet. Er hatte sich bereits im Wahlkampf für die Freilassung aller politischen Gefangenen und für Meinungsfreiheit stark gemacht. Der als moderat geltende Staatschef hatte zu seinem Amtsantritt Anfang August mehr politische Freiheiten versprochen.

Nach Recherchen des "Guardian" sind in Iran etwa 800 politische Gefangene in Haft. In der kommenden Woche reist Rohani nach New York, um an der Generaldebatte der Uno-Vollversammlung teilzunehmen.

Die 48 Jahre alte Sotudeh hat sich vor allem für die Rechte der Frauen und gegen die Todesstrafe in Iran eingesetzt. Zudem verteidigte sie politische Häftlinge. Im vergangenen Jahr hatte das EU-Parlament die Mutter zweier Kinder in Abwesenheit mit dem Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit ausgezeichnet. Anfang 2011 war sie zu elf Jahren Haft verurteilt sowie mit einem 20-jährigen Berufsverbot belegt worden - unter anderem wegen "Angriffs auf die nationale Sicherheit" und "Propaganda gegen die Staatsführung".

"Ich kehre bald zu meinem Job als Anwältin zurück"

Laut Isna wurde Sotudeh nun begnadigt. Ihre dreijährige Haftzeit sei wegen des großen psychologischen Drucks "sehr hart gewesen", sagte sie nach ihrer Entlassung. Sie wolle ihren Kampf für die Menschenrechte fortsetzen. "Ich kehre bald zu meinem Job als Anwältin zurück und werde erneut für Gerechtigkeit kämpfen", sagte Sotudeh.

Die Uno, die EU und zahlreiche Menschenrechtsgruppen betrachteten Sotudeh als politische Gefangene und hatten sich für ihre Freilassung eingesetzt.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz begrüßte die Nachricht von der Freilassung Sotudehs und weiterer politischer Gefangenen als "wichtiges positives Signal" der iranischen Führung. "Nasrin Sotudeh hat sich für die Achtung der individuellen Freiheitsrechte und einen demokratischeren Iran eingesetzt." Er freue sich schon sehr darauf, sie mit dem noch immer unter Hausarrest stehenden Filmemacher Panahi in Straßburg begrüßen zu dürfen.

heb/dpa/AFP
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