Atomwaffen-Deal Iran kehrt auf den Weltmarkt zurück

Präsident Rohani im Parlament: "Glorreicher Sieg" des iranischen Volkes
Foto: Abedin Taherkenareh/ dpaIn der Geschichte Irans sei eine "goldene Seite" aufgeschlagen worden: Präsident Hassan Rohani würdigte am Sonntag in einer Ansprache vor dem Parlament das Ende der Sanktionen gegen sein Land. Er gratulierte seinem Volk zu dem "glorreichen Sieg": Er verneige sich vor der Geduld des iranisches Volkes und gönne ihm diesen ehrwürdigen Erfolg.
Die Iraner seien mit dem Atomabkommen auf die Welt zugegangen und hätten mit diesem "Zeichen des Friedens" die "Feindseligkeiten, Verdächtigungen und Verschwörungen" hinter sich gelassen.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte am Samstagabend bestätigt, dass Teheran sein Atomprogramm massiv zurückgefahren hat. Der Rückbau des nuklearen Programms war maßgebliche Voraussetzung dafür, dass die USA und die EU die Strafmaßnahmen gegen Teheran aufgehoben haben, die rund ein Jahrzehnt galten. Iran war damit weitgehend vom Weltmarkt abgeschottet.
Das bedeutet das Ende der Sanktionen: Seit fast zehn Jahren leidet Iran unter massiven Strafmaßnahmen. Die Sanktionsschraube durch Uno, USA und EU wurde immer fester angezogen. Zuletzt verbot die EU 2012 die Einfuhr von Öl und Gas aus Iran. Danach brachen die Öl-Einnahmen des Landes von 118 Milliarden Dollar (2011) auf 42 Milliarden Dollar (2013) ein. Die Erleichterungen für die Islamische Republik sind mit der Aufhebung vieler Sanktionen immens. Für die iranische Wirtschaft sei dies ein Wendepunkt, sagte Präsident Rohani. Er mahnte zugleich aber Wirtschaftsreformen an. Sein Land müsse weniger abhängig von seinen Erdöleinnahmen werden. Die niedrigen Ölpreise seien der beste Grund, "die Nabelschnur" zum Öl zu durchtrennen.

Iranischer Tanker "Delvar" (Archivbild): Teheran darf wieder Öl exportieren
Foto: TIM CHONG/ REUTERSAber auch die westliche Unternehmen werden stark von dem Ende der wirtschaftlichen Strafmaßnahmen profitieren. Die deutsche Industrie hofft ebenfalls auf Aufträge - schließlich ist Iran ein Markt mit 78 Millionen Menschen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet nach Medienberichten für deutsche Unternehmen mittelfristig mit einem Geschäftsvolumen von fünf Milliarden Euro, langfristig seien zehn Milliarden Euro möglich.
Die konkreten Folgen für Iran und den Westen:
- Der Export von iranischem Öl und Gas in die EU ist wieder erlaubt.
- Westliche Firmen dürfen Ausrüstung für die Öl- und Gasfelder liefern.
- Westliche Versicherungen dürfen iranische Öltanker wieder versichern.
- Generell sind Geschäfte mit dem iranischen Energiesektor erlaubt.
- Internationale Finanztransaktionen sind wieder möglich.
- Banken können Handelsgeschäfte mit Iran mit Darlehen unterstützen.
- Teheran erhält Zugang zu eingefrorenen Geldern in Höhe von mindestens 100 Milliarden Dollar.
- Sanktionen gegen Firmen und Hunderte von Einzelpersonen im Zusammenhang mit dem Atomprogramm werden aufgehoben.
- Die Lieferung von Flugzeugen und von Ersatzteilen für iranische Maschinen vom Typ Boeing und Airbus für ausschließlich zivile Zwecke ist wieder erlaubt.
- Westliche Hersteller dürfen wieder Autos in Iran verkaufen.
Das sagt Deutschland: Die Erleichterungen seien eine gute Basis zur Wiederbelebung der deutsch-iranischen Wirtschafts- und Finanzbeziehungen, erklärte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in der Nacht zum Sonntag. Er war im vergangenen Sommer als einer der ersten westlichen Politiker zu einem Besuch nach Teheran gereist. Damit eröffne sich die Möglichkeit, ein "neues Kapitel in den deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen aufzuschlagen". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht in der Einigung einen "historischen Erfolg der Diplomatie".
Das sagt die EU: Die Außenbeauftragte Federica Mogherini sprach ebenfalls von einem "Sieg der Diplomatie". Sie war mit dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Samstagabend vor die Medien getreten, beide sprachen von einer "ermutigenden und starken Botschaft".
Das sagen die USA: Nach Überzeugung von US-Außenminister John Kerry ist die Welt nun ein sichererer Ort geworden. Gerade mit Blick auf die aktuellen Konflikte in der Region sei es wichtig, dass Iran nach dem nun erfolgten Rückbau seines Atomprogramms keine Nuklearwaffen mehr bauen könne. Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan von den oppositionellen Republikanern, kritisierte dagegen die Umsetzung des Atomabkommens scharf. Eine überparteiliche Mehrheit im Repräsentantenhaus lehne dies ab und werde weiter alles tun, um einen "nuklearen Iran" zu verhindern, sagte er.
Das sagt Israel: Nicht nur konservative US-Politikern verfolgen die Annäherung des Westen an Iran mit großer Sorge, auch in Golfstaaten wie Saudi-Arabien wird Kritik laut. Besonders stark ist sie aber in Israel: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte erneut vor den Gefahren, die von der Regierung in Teheran ausgingen. Er erklärte am späten Samstagabend, Iran werde weiter den Nahen Osten destabilisieren und weltweit den Terrorismus verbreiten. Teheran habe sein Streben nach Atomwaffen nicht aufgegeben. Netanjahu appellierte an die Weltmächte, Iran sehr genau zu beobachten und auf jeden Verstoß zu reagieren.
Was das Atomabkommen beinhaltet: Teheran und die Gruppe der fünf Uno-Vetomächte plus Deutschland hatten im Juli 2015 nach jahrelangen Verhandlungen in Wien ein Atomabkommen geschlossen, das der iranischen Regierung die Nutzung der zivilen Atomtechnologie erlaubt, zugleich aber sicherstellen soll, dass der Staat keine Atomwaffen entwickeln kann. Die Vereinbarung sieht vor, dass Iran seine Urananreicherung drastisch zurückfährt und verschärfte internationale Kontrollen zulässt.
Die IAEA hat der Islamischen Republik nun bescheinigt, alle Verpflichtungen des Atom-Abkommens vom vergangenen Juli erfüllt zu haben, dies sind unter anderem:
- Die Zahl der zur Urananreicherung genutzten Zentrifugen sei auf rund 6000 reduziert und die Bestände von angereichertem Uran drastisch verringert worden.
- Laut Vereinbarung musste Iran auch den Schwerwasserreaktor Arak zu einem Forschungsreaktor umbauen. Damit kann er kein zum Bau von Atomwaffen nutzbares Plutonium mehr produzieren.
- Teheran hatte zudem zugestimmt, den Bestand an angereichertem Uran von 12.000 Kilogramm auf 300 Kilogramm zu verringern.
- Auch Auflagen für Forschung im Atombereich musste sich Teheran gefallen lassen.
Eine Reihe von Sanktionen wie die zum Verkauf schwerer Waffen bleiben noch für einige Jahre in Kraft. Beim Verstoß gegen die Vereinbarungen kann es zum Wiedereinsetzen der Uno-Sanktionen, dem sogenannten Snapback, kommen. Das wäre zugleich das Ende des Atom-Deals.
Der Gefangenenaustausch: Teheran ließ vier in Iran inhaftierte US-Bürger frei, darunter den Korrespondenten der "Washington Post", Jason Rezaian. Auch ein fünfter US-Bürger soll im Zuge eines anderen Verfahrens aus iranischer Haft entlassen werden. Die USA begnadigten im Gegenzug sieben Iraner, die in den USA wegen Verstößen gegen die Sanktionen verurteilt wurden oder auf ihren Prozess warteten.
Zusammengefasst: Die im Zuge des Atomstreits gegen Iran verhängten internationalen Sanktionen wurden aufgehoben. Damit ist Teheran nicht mehr vom Weltmarkt abgeschottet. Israel und US-Republikaner kritisierten die Erleichterungen, Deutschland, EU und US-Regierung begrüßen die Einigung. Westliche Unternehmen hoffen auf Aufträge.